“Last Christmas” und “Stille Nacht” ist nicht mehr – stattdessen “Celebration” und “Firework”. Ein musikalischer Blick auf das Ende des alten und den Start des neuen Jahrs.
Bläschen perlen in Sektflöten, ein China-Böller explodiert scheppernd, Kirchenglocken läuten mit gleichmäßigen Schlägen das neue Jahr ein. Und: Vielerorts begleitet Musik den Jahreswechsel, ob live oder aus Lautsprechern.
Im deutschen Fernsehprogramm dominieren Musiksendungen den Silvesterabend. Das Erste setzt auf Schlager, Tanz und Italo-Pop, die ZDF-Show vor dem Brandenburger Tor kommt mit ähnlichem Musik-Mix daher, Stepptanzgruppe noch on Top. Bei RTL widmet sich Oliver Geissen den “erfolgreichsten Silvester-Party-Hits”, Arte sendet klassisch die Operette “Die Fledermaus”. Auch die dritten Programme bieten wahlweise “Die größten Schlager aller Zeiten”, “Die Silvesterhitparade”, “100 Silvester-Kracher” oder “Silvesterhits und Spaß”. 3sat liefert seit nun 22 Jahren bis ins neue Jahr hinein “Pop around the Clock”. Konzertmitschnitte etwa von den Rolling Stones, Madonna und Rita Ora werden ausgestrahlt.
In Österreich spielt Musik zum Jahreswechsel eine noch größere Rolle. Während in Wien um Mitternacht die größte Glocke des Landes im Stephansdom schlägt, die sogenannte Pummerin, nehmen die Österreicherinnen und Österreicher Tanzhaltung ein. Ob auf der Straße, zu Hause oder im Club: Zum Donauwalzer von Johann Strauss wird ins neue Jahr geschwoft. Fernsehen und Radio, auch Jugendwellen, senden das Orchesterstück. Für unerfahrene Tänzer bieten Tanzschulen in Wien nachmittags Blitz-Kurse in der Fußgängerzone. Auch das neue Jahr startet in Österreich mit klassischen Tönen: Aus dem Musikvereinssaal des Konzerthauses wird das traditionelle Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker in dutzende Länder übertragen.
Locker und fröhlich soll also der Start ins neue Jahr sein. Klänge und Songtexte dürfen aber auch mal leise sein und Raum für Melancholie geben. Der Jahreswechsel als Zeit des persönlichen Bilanzierens, der Rückschau, der Voraussicht. Bei den wenigsten löst das ausschließlich Freude und Spaß aus. Ein Tipp kommt von Oasis: “Don’t Look Back in Anger”. Nicht wütend zurückschauen, ändern kann man ja eh nichts mehr. Für Pathos zum persönlichen Jahresabschluss empfiehlt sich auch “Time to Say Goodbye”.
Auch wenn der Jahreswechsel kein kirchlicher Feiertag ist, bieten Silvestergottesdienste und Andachten Raum für Dank und Bitte. Kirchenlieder wie etwa “Von guten Mächten wunderbar geborgen” des Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer thematisieren, dass die Zeit vergeht.
Weltweit besinnen sich Menschen um 0.00 Uhr der guten, alten Zeit, wenn sie sich an die Hand nehmen und das schottische Volkslied “Auld lang syne” singen. Es gilt als eines der bekanntesten Lieder weltweit und ist insbesondere in der englischsprachigen Welt Pflichtprogramm zum Jahresübergang. Freunde, die lange getrennt waren, erheben in dem Stück gemeinsam das Glas und lassen vergangene Momente Revue passieren. “Should auld acquaintance be forgot?”, fragt das Lied, “Sollte alte Vertrautheit vergessen werden?”. Nein, ist selbstverständlich die Antwort. Das Lied – ein bisschen melancholisch, ein bisschen hoffnungsvoll – verbindet Altes und Neues und würdigt gemeinsamer Erinnerungen, die auch durch Trennung oder das Altern nicht ausgelöscht werden können.
Mit einem realistischen Blick schaut ABBA auf den Jahreswechsel. In “Happy New Year” wünschen sie allen von Zeit zu Zeit den Glauben an eine heile Welt – “of a world where every neighbor is a friend”. Eine Welt, in der jeder Nachbar ein Freund ist – auch 43 Jahre nach Erscheinen des Liedes hochaktuell. “Mögen wir Hoffnungen haben und den Willen, es zu versuchen – wenn nicht, könnten wir uns eh gleich hinlegen und sterben”, singen die schwedischen Pop-Größen. Wer diesen Silvester-Blues noch toppen will, möge um Mitternacht Sänger Henning May und der Rap-Kombo K.I.Z. lauschen: “Hurra, diese Welt geht unter!”.