Keine 24 Stunden nach seiner Wahl zum Papst hat Leo XIV. seine erste Predigt im neuen Amt gehalten. Darin skizziert er die schwierige Lage für Christen in der Gegenwart. Und warnt vor dem Verlust des Glaubens.
Am ersten Tag nach seiner Wahl hat Papst Leo XIV. erste deutliche Akzente gesetzt. In einem Gottesdienst in der Sixtinischen Kapelle trat er bescheiden und ohne rote Papstschuhe vor die Kardinäle, die größtenteils zufriedene Gesichter machten. Seine offizielle Amtseinführung soll mit einem feierlichen Gottesdienst am 18. Mai auf dem Petersplatz gefeiert werden. Hierzu werden Staats- und Regierungschefs aus aller Welt sowie Hunderttausende Menschen erwartet. Auch weitere Termine wie Treffen mit der internationalen Presse und mit Diplomaten, das erste Mittagsgebet und die erste Generalaudienz stehen fest.
Fest steht auch – jedenfalls vorläufig – die “Regierungsmannschaft” des neuen Papstes: Bis auf weiteres bleiben alle Kurienmitarbeiter sowie Sekretäre und Präsidenten der Päpstlichen Kommission für den Staat Vatikanstadt im Amt. Mit dem Tod von Papst Franziskus hatten die meisten Behördenleiter im Vatikan ihre Stellungen laut Kirchenrecht automatisch verloren. Üblicherweise bestätigt aber der neu gewählte Papst sie zu Beginn seiner neuen Amtszeit dann wieder “bis auf Weiteres”.
Der 69-jährige Robert Francis Prevost war am Donnerstag zum Oberhaupt der rund 1,4 Milliarden Katholiken weltweit gewählt worden. Der langjährige Leiter des Augustinerordens ist der erste gebürtige US-Amerikaner im Papstamt, er hat auch die peruanische Staatsbürgerschaft. Zuletzt war er Leiter der vatikanischen Behörde, die unter anderem für die Bischofsernennungen zuständig ist.
Leo XIV. nutzte die Messe mit den Kardinälen, um in der Predigt sein Verständnis des Papstamtes zu erklären. Er stehe der Gesamtkirche in Liebe vor, sei “treuer Verwalter”, der sich klein mache und Christus in den Vordergrund seiner Arbeit stelle.
Letztlich solle die Kirche “zu einer rettenden Arche, die durch die Wogen der Geschichte steuert, zu einem Leuchtturm, der die Nächte der Welt erhellt” werden. Nicht mit Prunk und Prachtbauten, sondern durch die Heiligkeit der Mitglieder. Auch auf Franziskus’ Erbe verwies Leo – zitierte ihn aber nur einmal indirekt. Alle übrigen Zitate in seiner Predigt kamen aus der Bibel oder aus Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils.
In den Vordergrund seiner Ausführungen rückte er die “dramatischen Begleiterscheinungen” eines Mangels an Glauben. Der Sinn des Lebens gehe verloren, die Barmherzigkeit werde vergessen und die Würde des Menschen “in den dramatischsten Formen verletzt”, sagte das neu gewählte Kirchenoberhaupt. Weiter nannte er “die Krise der Familie und viele andere Wunden, unter denen unsere Gesellschaft nicht unerheblich leidet”.
Die Lage für Christen beschrieb er als herausfordernd. “Heute wird der christliche Glaube in nicht wenigen Fällen als etwas Absurdes angesehen, als etwas für schwache und wenig intelligente Menschen; vielfach werden andere Sicherheiten wie Technologie, Geld, Erfolg, Macht und Vergnügen bevorzugt.” Gläubige würden mitunter “verspottet, bekämpft, verachtet oder bestenfalls geduldet und bemitleidet”.
Jesus indes werde als eine Art “charismatischer Anführer oder Übermensch” gesehen, nicht nur von Nichtgläubigen, sondern auch von vielen Getauften, die so schließlich in einen faktischen Atheismus gerieten. Doch jeder Einzelne sei aufgefordert, wie Papst Franziskus es oft gelehrt habe, den freudigen Glauben an Christus zu bezeugen, bekräftigte Leo XIV. Das gelte auch für ihn.