Sanft und sachte schaukelt Samuel im Traumschwinger hin und her. Die therapeutische Hängeliege gibt dem Achtjährigen das entspannende Gefühl des Gehaltenwerdens. Neben ihm steht ein kleiner Tisch mit gebastelter Osterdekoration, Samuels Schwester Juno (4) spielt mit Begeisterung „Alle meine Entchen“ an bunten Klangstäben. Die Eltern schauen ihr zu, während der einjährige Bruder Joshua auf dem Arm des Vaters schläft.
Die Familie aus Idstein genießt diese eine Woche vor Ostern im Kinderhospiz Bärenherz in Wiesbaden sichtlich. Samuel lebt mit einer Chromosomenanomalie, einer Fehlbildung der Chromosomen, die seine Lebenserwartung einschränkt.
Im Bärenherz werden Kinder stationär aufgenommen, aber es gibt auch ambulante Angebote: Familien mit einem lebensverkürzend erkrankten Kind haben die Möglichkeit, für eine bestimmte Zeit ins Haus zu kommen. In einem extra Appartement können Vater und Mutter dann einmal durchatmen, „nur“ Eltern sein, mit dem Wissen, das Kind ist gut versorgt und auch für Geschwisterkinder gibt es Aktivitäten.
„Entlastungsaufenthalt“ heißt das Programm. Alle sollen gestärkt und entlastet werden, in einer offenen und lichtdurchfluteten Atmosphäre. Die Aufenthalte werden zum Teil von den Krankenkassen finanziert, weitere Kosten trägt die Stiftung Bärenherz, die noch ein weiteres Hospiz in Leipzig betreibt, aus Spenden.
„Das Wort Hospiz ist als ‚Herberge‘ zu sehen und das Kinderhospiz Bärenherz ist ein Ort, an dem auch gelebt, gelacht und gefeiert wird“, sagt Hospizleiter Michael Knoll. Zu Ostern werden im Garten oder Haus Ostereier gesucht, zusammen mit den Mitarbeitenden basteln die Kinder Osterkörbchen und Ostergeschenke für die Eltern.
„Es ist so schön, dass der Frühling kommt und die ganze Familie hier im Angebot integriert wird“, sagt Samuels Mutter. „Zu Hause in unserer Wohnung haben wir auch nicht so viel Raum, arbeiten mit dem Pflegedienst. Hier kann man einfach mal durchatmen, ausschlafen und die Kinder sind dabei in guten Händen.“
Tochter Juno ist derweil im „pädagogischen Raum“ des Hauses in Osterstimmung und macht vor der Nase ihres Bruders Samuel Scherze mit gebastelten Häschen aus Alltagsmaterialien und buntem Papier. Um sie herum sind Matten, Sitz-, Liege- und Kuschelinseln verteilt, in der Kreativecke gibt es Farben und Bastelmaterial. Auch Sand, Muscheln und Fühlschalen für sinnliche Augenblicke sind dabei.
Carina Wittemann, die die psychosoziale Begleitung leitet, zählt Angebote auf, die ihr Team für die Familien bereithält: Geschwister-, Familien- und Trauerbegleitung sowie die pädagogische Begleitung der lebensverkürzend erkrankten Kinder und Jugendlichen. „Wir schauen immer ganzheitlich, was den Kindern Freude bereitet. Dabei ist das oberste Gebot, alles an den Bedürfnissen und Ressourcen der Kinder zu orientieren.“
Gemeinsames Singen gehört auch an Ostern dazu, wie Heidi Schock-Corall sagt, Musiktherapeutin und Trauerbegleiterin. Schon seit 2002 ist sie im Haus und nennt spontan „Stups, der kleine Osterhase“, ein fröhliches Lied, das die Kinder an Ostern gerne singen oder mit Klatschen begleiten, so wie es ihnen möglich sei. Dabei werde auch viel gelacht. Wobei es bei der Musik im Bärenherz um den Zugang zu einer Qualität des Erlebens gehe, die umfassender sei als das Alltägliche, sagt Schock-Corall. Sie solle die Menschen auf einer tieferen Ebene treffen, sie lösen und die Wahrnehmung öffnen.
Schock-Corall: „Es gehört zu unserem Hospizleben, das Schwere zu teilen, aber auch Freude zuzulassen. Wer auch immer da anklopft, ist willkommen und es wird Begleitung und Unterstützung geben auf dem Weg. Ein Weg, der bei aller Schwere auch schöne Momente bereithalten kann.“ Die Familie von Samuel möchte auch beim Osterbrunch im Hospiz dabei sein: „Aus diesen Situationen entstehen so schöne Momente, die man nicht vergisst.“