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Ohne Kanzel und Mikrofon

Vom Glauben reden – ohne Theologiestudium oder Rednerausbildung? Natürlich! Genau so fing es damals an mit der Kirche

Vom Glauben reden – das gehört zum Christsein. Warum? Weil Menschen nicht schweigen können von dem, was ihnen wichtig ist; was Sinn und Heil ihres Lebens ausmacht. Als Männer und Frauen das erste Mal von ihrem Glauben erzählten, wurde das zum Geburtstag der Kirche: Pfingsten.
Lukas erzählt in der Apostelgeschichte sogar von einem Wunder, das die Jünger dazu brachte, vom Glauben zu reden. Die Angst, die sie nach Jesu Tod lähmte, war weg – überwunden durch eine Kraft, die wie Feuerflammen durch Leib und Seele fuhr: die Kraft des Heiligen Geistes. Derselbe Geist, der dann ihre Worte in fremde Sprachen übersetzte und so die Herzen der Zuhörer bewegte.
Und wir? Reden wir heute genauso mitreißend vom Glauben? Die Botschaft von Gott, der Mensch wurde, um die Welt zu erlösen – erzählen wir sie so weiter, dass wir die Herzen der Menschen bewegen?
Dem einen oder anderen mögen da Zweifel kommen. Aber: Es gibt sie, diese herzbewegenden Rednerinnen und Redner. Und es sind nicht etwa besonders auserwählte oder ausgebildete Menschen – es sind Christinnen und Christen wie du und ich.
Denn das, was Menschen am meisten bewegt, sind Erlebnisse anderer Menschen. Ganz ehrlich und schlicht erzählt. Wie war das damals beim Neuanfang in einer fremden Stadt, als die Nachbarin in die Kirchengemeinde einlud? Wie war das, als der Vater im Sterben lag und die alten Lieder des Glaubens Halt gaben in den durchwachten Nächten? Wie, als Fürbitten anderer durchtrugen durch eine schwierige Situation im Leben? Und wie, als der gemeinsame Glaube aus Fremden Freunde machte?
Solche Geschichten sind es, die zu Herzen gehen und Menschen dazu bewegen, es selbst einmal auszuprobieren mit dem Glauben an Jesus Christus. Um sie zu erzählen, braucht es keine Kanzel und kein Mikrofon. Ein Gespräch beim Kaffee, eine freundliche Nachfrage an die gestresste Kollegin, eine Einladung zum Mitsingen im Kirchenchor – all das sind Situationen, in denen der Glaube zur Sprache kommen kann. Auf welche Weise, bleibt jedem selbst überlassen, je nach Temperament und Vorlieben. Es gibt kein Richtig oder Falsch, aber ein großes Vertrauen darauf, dass der Geist wirkt, wo er will – auch durch schlichte, manchmal ungeschickte, manchmal gestammelte Erzählungen vom Glauben.
Übrigens: Auch unter Christen tut es gut, von Glaubens-Erlebnissen zu reden. Das ermutigt und hilft, Dinge in einem neuen Licht zu sehen und eigene Einschätzungen zu überdenken. Die westfälische Präses Annette Kurschus hat die Kirche beim „Weite wirkt“-Festival in Halle (Westfalen) eine „Frage- und Staungemeinschaft“ genannt. Das ist eine realistische Lebenshaltung für Christinnen und Christen: Fragen nach dem richtigen Weg in dieser Welt, Staunen über Gottes Taten – und davon erzählen. Überall.