Der Ökonom Marcel Fratzscher hat den Parteien quer durch alle politischen Lager unlautere Wahlversprechen vorgeworfen. „Was mich schockiert, ist, dass die Parteien die Wähler und die Wählerinnen hinters Licht führen wollen“, sagte der Chef des Deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts DIW der „Augsburger Allgemeinen“ (Donnerstagausgabe).
„Die Parteien trauen den Wählerinnen und Wählern nicht die Wahrheit zu. Und sie überbieten sich mit Wahlversprechen“, kritisierte er. Spitzenreiter sei die FDP mit 138 Milliarden Euro Steuererleichterungen zum größten Teil für die Topverdiener, gefolgt von der Union mit 99 Milliarden, sowie SPD und Grüne mit Entlastungen von 30 Milliarden und 48 Milliarden Euro. „Das ist auch kein Pappenstiel. Das ist das, was ich mit hinters Licht führen meine.“
Deutschland brauche jedes Jahr zusätzliche Investitionen von 40 Milliarden Euro in Straßen, Schienen, Brücken und Schulen sowie jährlich 30 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr. Diese großen Beträge könnten nicht aus den laufenden Ausgaben herausgespart werden.
Neue Schulden dürften in der Debatte über eine Reform der Schuldenbremse nicht nur negativ gesehen werden, warnte der Ökonom. Schulden stünden zwei Dinge gegenüber: „Einmal die dafür ausgegebenen Staatsanleihen, die irgendjemand besitzt, zum Beispiel eine Versicherungsgesellschaft, die meine private Altersvorsorge ausbezahlt. Und andererseits sanierte Straßen, gute Schulen und schnelles Internet.“ Ohne diese Voraussetzung werde Deutschland nicht dauerhaft zu mehr Wirtschaftswachstum zurückkehren. (00/0008/02.01.2025)