Lübeck-Travemünde. Mit deutlichen Worten forderte die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs auf der digitalen Landessynode in Lübeck-Travemünde ausreichend strukturelle und finanzielle Unterstützung der Jugendarbeit. Sie finde, das sei „mehr als dringlich“. Die Angst und Wut junger Menschen über Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen in der Corona-Pandemie gehörten für sie zu den eindrücklichsten Erlebnissen der zurückliegenden zwölf Monate, sagte sie in ihrem Bericht über das kirchliche Leben im Sprengel (= Bischofsbezirk) Hamburg und Lübeck.
Die Synodalen setzten direkt ein Zeichen und bahnten den Weg für mehr Beteiligung der Jugend in ihren Leitungsgremien: In zweiter Lesung stimmten sie über eine Änderung des Kirchengesetzes ab, um eine verpflichtende Mindestquote für junge Menschen einführen zu können. Wenn sich 2024 die Synoden der Kirchenkreise bilden, sollen mindestens zehn Prozent der Mitglieder zwischen 18 und 27 Jahre alt sein.
Schwerpunkt der Themensynode war die Digitalisierung
Unter dem Motto „Digitale Horizonte“ wurden zum Auftakt einzelne Aspekte in Arbeitsgruppen diskutiert. Dazu zählten unter anderem neue Kommunikationsformen mit den Mitgliedern, die unterschiedliche Teilhabe der Generationen und die Ethik im Digitalen. Die Kirche sei noch nicht ausreichend auf die digitale Gesellschaft vorbereitet und müsse noch viele Arbeitsweisen ändern, sagte der Hamburger IT-Wissenschaftler Tilo Böhmann, Mitglied der Kirchenleitung.
Die Nordkirche habe aber bereits zahlreiche Chancen der Digitalisierung genutzt, so Böhmann. Es gebe digitale Synoden, ernsthafte Dialoge in den sozialen Medien, Gottesdienste von zuhause und gemeinsames Arbeiten über große Distanzen hinweg. „So schlecht sind wir gar nicht unterwegs.“ Dennoch stünden der Nordkirche „große Sprünge“ bevor, denn die Digitalisierung entwickele sich ständig weiter.
Nach den Worten von Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt bietet die Digitalisierung auch neue Möglichkeiten des Dialogs mit Menschen, die bisher eher weniger Kontakt zur Kirche haben. Die Beteiligung aller sei tief in der reformatorischen Tradition der Kirche verankert. Digitale Formen könnten aber niemals das gemeinsame Erleben in einem Raum ersetzen. Kühnbaum-Schmidt: „Das Taufwasser auf dem Kopf eines Kindes, das geht einfach nicht digital.“
Erbprobungsphase bei Kasualien wird bis 2024 verlängert
Auf Vorschlag von Bischof Gothart Magaard (Schleswig) stimmten die Kirchenparlamentarier über eine Verlängerung des Erprobungszeitraumes für eine Veränderung bei den Kasualien ab. Konkret bedeutet das, dass kirchliche Amtshandlungen wie Taufe, Hochzeit oder Bestattung vielfältiger gestaltet werden können, etwa Taufen bei nicht-kirchlichen Eltern oder kirchliche Bestattungsfeiern für Nicht-Mitglieder. Seit Januar 2020 läuft eine dreijährige Erprobungsphase für die Kirchengemeinden. „Durch die Pandemie haben auch Kasualien nur unter Sonderbedingungen stattgefunden“, sagte Magaard. Eine Erprobung sei nicht in der Weise möglich, wie es geplant war. Die Synode stimmte für eine Verlängerung bis Mitte 2024.
Auf der Novembertagung, die zugleich das „Bergfest“ der aktuellen Wahlperiode für die Landessynodalen war, wurde auch der Haushalt 2022 beschlossen. Geplant werde auf Grundlage der Kirchensteuerschätzung im Mai mit Gesamteinnahmen von 556,2 Millionen Euro, sagte Malte Schlünz, Mitglied der Kirchenleitung am Freitag. Der Einbruch an Kirchensteuer-Einnahmen werde vermutlich nicht ganz so schlimm sein wie nach dem Corona-Einbruch 2020 befürchtet. „Wir können vorsichtig optimistisch sein, dass das Niveau von 2020 etwas übertroffen werden kann.“
Der Haushalt basiere auf einer Erwartung von 505 Millionen Euro an Kirchensteuereinnahmen, so Schlünz. Das seien etwa 22 Millionen Euro mehr gegenüber dem zurückliegenden Haushaltsjahr 2021. Allerdings seien das immer noch rund 30 Millionen Euro weniger Kirchensteuereinnahmen als vor der Corona-Pandemie 2019. (epd)