Niedergelassene Ärzte sehen die ambulante, wohnortnahe Versorgung akut gefährdet. Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO), Frank Bergmann, sprach am Dienstag in Düsseldorf von massiven Existenzängsten unter Vertragsärzten. Deutlich werde dies unter anderem am sogenannte „Zero Pay Day“ am Mittwoch. Ab dem 15. November arbeiteten die niedergelassenen Vertragsärzte und Psychotherapeuten sowohl in der Region Nordrhein als auch bundesweit aufgrund bestehender Honorarbudgetierungen umsonst. „Die Praxen bekommen ihre Leistungen also de facto bis zum Jahresende nicht mehr bezahlt.“
Auf die zentrale Krisensitzung der Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam mit den ärztlichen Berufsverbänden am 18. August in Berlin habe das Bundesgesundheitsministerium erst am 21. September reagiert, erklärte Bergmann. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe nur leere Versprechungen abgegeben, kritisierte er.
Die Praxen stünden bundesweit unter enormem Kostendruck, erklärte Bergmann. Steigende Praxis- und Personalkosten machten den Betrieb immer unrentabler. Das Honorarbudget in der gesetzlichen Krankenversicherung führe dazu, dass ein wachsender Teil der ambulanten Leistungen nicht zu 100 Prozent, sondern nur gestaffelt vergütet würden.
Praxen könnten die gestiegenen Kosten nicht ausgleichen und seien auf die Zahlungen der Krankenkassen angewiesen, erläuterte Bergmann. Kollegen müssten aus der eigenen Tasche Geld zuschießen, um die Praxis am Laufen zu halten. Erforderlich seien schnelle, langfristige und verbindliche Maßnahmen zur Beseitigung der seit Jahren herrschenden Unterfinanzierung und der zunehmenden Benachteiligung der Praxen gegenüber dem stationären Bereich.
Bergmann unterstrich, dass die unbefriedigende Honorarsituation auch für viele junge Ärzte ein Argument gegen eine Niederlassung darstelle. Praxisneugründungen bedeuteten neben einem zeitlich erhöhten Aufwand stets auch ein finanzielles Risiko.
Die Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein bildet mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein und dem Apothekerverband Nordrhein das Bündnis „Praxenkollaps“, an dem insgesamt 36 ärztliche und psychotherapeutische Berufsverbände und Versorgungsgruppe aus Nordrhein beteiligt sind. Am Dienstag verwiesen auch die Vertreter beteiligter Verbände auf Notstände in ihrem Bereich durch Sparvorgaben. Auch die Arzneimittelversorgung sei strukturell unterfinanziert, die Gesamtkosten der Apotheken etwa durch Personalkosten stiegen, die Dichte der Apotheken nehme ab.