Artikel teilen:

Neurobiologe hält Handyverbot an Schulen für sinnvoll

Australien sorgt mit dem Vorhaben “Social Media erst ab 16 Jahren” weltweit für Aufsehen. Ein Neurobiologe warnt vor dem “suchtartigen Sog” – und befürwortet ähnliche Regeln in Deutschland.

Social Media erst ab 16 Jahren: Ein Neurobiologe sieht einen «suchtartigen Sog» der Plattformen - und würde Regelungen auch hierzulande begrüßen
Social Media erst ab 16 Jahren: Ein Neurobiologe sieht einen «suchtartigen Sog» der Plattformen - und würde Regelungen auch hierzulande begrüßenImago / epd

Likes für Dopamin: Vor diesem “suchtartigen Sog” sollten junge Menschen nach Worten eines Neurobiologen stärker geschützt werden. “Es tut unserer Hirnentwicklung gut, wenn wir den Jungen Räume geben, wo sie analog in Interaktion kommen”, sagte Lars Timmermann der Welt. Insofern halte er ein Handyverbot an Schulen, das immer wieder diskutiert wird, “für eine sinnvolle Sache”.

Negativ wirke sich das Smartphone vielfach auf das Schlafverhalten aus: “Das Handy weglegen und einschlafen ist schwierig”, sagte Timmermann. Ausreichend Schlaf beuge jedoch etwa neurologischen Erkrankungen vor. Auch zeigten Untersuchungen, dass bestimmte Hirnverbindungen durch “dieses schnelle Wischen” geschwächt würden: “etwa die zwischen dem primären visuellen Reiz und dem Areal, in dem wir hinterfragen, kritisch mitdenken, mitfühlen, kognitiv assoziieren”.

Vier Stunden Social Media sind zu viel

Neurobiologisch lasse sich also belegen, dass emotionalisierte Inhalte weniger hinterfragt würden. “Gesellschaftspolitisch ist das ein Problem”, mahnte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Er wünsche sich “junge Menschen, die sich mit verschiedenen Meinungen auseinandersetzen, sie diskutieren und abwägen. Doch die Algorithmen der sozialen Medien funktionieren genau gegenläufig.”

Als intensiv gelte eine Nutzung ab vier Stunden täglich. “Wenn man darüber nachdenkt: Nach dem Aufstehen eine Viertelstunde die Nachrichten checken, je nachdem, welches Verkehrsmittel man zur Arbeit nimmt, vielleicht auch in der U-Bahn, dann scrollt man abends vor dem Fernseher durch den Feed und vorm Einschlafen nochmal. Da ist man schnell bei vier Stunden”, erklärte Timmermann.

Experte sieht auch Chancen für erkrankte Menschen

Zugleich passe sich das Gehirn schnell an Anforderungen an. In den Sozialen Netzwerken werde es “maximal genutzt, da wir Informationen pushen, viele Inhalte wahrnehmen und es Interaktion gibt”. Für erkrankte Menschen könne es zudem sehr hilfreich sein, sich dort mit anderen Betroffenen auszutauschen und sich weniger einsam zu fühlen. Timmermann: “Wir dürfen uns eben nicht nur damit beschäftigen, weil es sonst zu einseitig wird. Ähnlich wie bei allem anderen.”