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Neuer Papst – warum sich der Ton, nicht der Inhalt ändert

Neuer Papst, neue Linie? Historiker und Theologe Hochgeschwender ordnet ein: Leo XIV. verfolgt die Ziele von Franziskus – mit anderem Stil. Was das für Politik und Kirche bedeutet.

Der Ton, nicht der Inhalt wird sich ändern – das sagt der Kulturhistoriker und Theologe Michael Hochgeschwender über den neuen Papst. US-Präsident Trump müsse mit jemandem rechnen, der ihn kritisieren werde – ganz in Kontinuität zu Papst Franziskus. Das betreffe vor allem Fragen der Migration, des Umweltschutzes und der Hilfe für den globalen Süden, erklärte Hochgeschwender am Montag im Deutschlandfunk.

Leo XIV. sei jemand, der allen zuhöre und sich kein vorschnelles Urteil bilde. “Das wäre das genaue Gegenteil von Papst Franziskus, der gerne etwas sagt und dann hinterher überlegt hat, was er damit meinte. Das wird bei Leo XIV. in dieser Form nicht passieren”, prognostizierte der Theologe. Damit müsse man seine Äußerungen viel ernster nehmen: “Das heißt, das ist nichts, was dann am Tag danach schon wieder zurückgenommen oder abgemildert wird, sondern wenn er bei einer Position ist, wird er bei ihr bleiben.” Da sei auch die amerikanische Administration gut beraten, sehr sorgfältig zuzuhören.

Für Hochgeschwender repräsentiert Leo XIV. die Anliegen von Papst Franziskus “mit einem etwas moderateren Zugriff, einem konsequenteren Zugriff und auch einem etwas mehr an der Tradition orientierten Zugriff”. Als Kirchenrechtler habe er eine sehr intensive Beziehung zu bestimmten Elementen der Tradition. Hochgeschwenders Einschätzung nach tue das der katholischen Kirche insgesamt gut, denn Papst Franziskus habe in der Kirche auch spaltend gewirkt – gerade in den USA.

Dort habe Kardinal Prevost nicht “in der allerersten Reihe” gestanden, so der Experte. Er sei nicht Teil der Konfrontation zwischen den sogenannten Konservativen und den sogenannten Liberalen innerhalb der Bischofskonferenz gewesen, sondern habe außerhalb gestanden. So könne er inneramerikanisch betrachtet als Brückenbauer wirken.

Die Spaltung der Kirche in den USA verlaufe “entlang der Linie, die auch durch die amerikanische Gesellschaft als Ganze geht”, erklärte der Theologe. Es gebe liberale Katholiken, die im Wesentlichen in der demokratischen Partei sind, und konservative Katholiken, die im Wesentlichen der republikanischen Partei nahestehen. Der Katholizismus spiegele bis zu einem gewissen Grad die Probleme der amerikanischen Gesellschaft wider. Die Spaltung lasse sich konkret an den Fragen von Abtreibung, Lebensschutz und Migration festmachen.

Es gebe Bischöfe, die der Position von J.D. Vance nahestehen, “dass man sich zuerst um die Familie, dann um das eigene Land und dann um andere kümmert”, so der Kulturhistoriker. Andere Bischöfe sagten im Sinne von Papst Franziskus, “das sind Menschen, die in ihrer Not zu uns kommen und denen wir auch helfen müssen”.

Hochgeschwender wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in den USA viele Migrantinnen und Migranten aus Lateinamerika katholisch seien. Diese würden viel konservativer sein als der bürgerliche Katholizismus. Das wirke sich in Fragen der katholischen Soziallehre aus, da sei man etwas radikaler, “aber vor allen Dingen in Fragen sowohl der Abtreibung als auch des Umgangs etwa mit Homosexuellen, Transsexuellen und anderen”. Da seien Katholiken aus Lateinamerika deutlich konservativer als Katholiken der bürgerlichen Mittelklasse in den USA. “Und da muss man sagen, Leo XIV., nach allem, was man weiß, ist auch hier etwas konservativer als Papst Franziskus”, so der Theologe.