Nach rund zweijährigen Diskussion hatten sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder bei ihrer Sitzung Ende Oktober in Leipzig auf eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verständigt. Den entsprechenden Staatsvertrag beschlossen sie am Donnerstag in Berlin. Nun beginnt die sogenannte Vorunterrichtung der Landtage. Danach müssen die Vertragswerke von den Regierungschefs unterzeichnet und von allen 16 Landesparlamenten ratifiziert werden. Wenn nur ein Landtag nicht zustimmt oder die Ratifizierungsurkunde nicht rechtzeitig beim derzeitigen Vorsitzland Sachsen hinterlegt wird, ist die gesamte Staatsvertragsnovelle hinfällig.
Der Staatsvertrag sieht unter anderem eine engere Zusammenarbeit der Kultursender 3sat und Arte vor. „In Abstimmung mit den beteiligten öffentlich-rechtlichen europäischen Veranstaltern“ sollen „Inhalte des Vollprogramms 3sat in das Vollprogramm ‘Arte – Der europäische Kulturkanal’ und dessen Telemedienangebote“ überführt werden. Eine zwischenzeitlich diskutierte vollständige Überführung von 3sat in Arte wurde verworfen.
Zudem fallen drei der restlichen acht TV-Spartensender von ARD und ZDF weg. Von den vier Sendern Tagesschau24, Phoenix, ARD-alpha und ZDFinfo im Bereich Information, Bildung und Dokumentation sollen durch Bündelung nur noch zwei übrig bleiben. Im Bereich der jüngeren Angebote wird an Sendern für verschiedene Altersgruppen festgehalten. Die Zahl sinkt allerdings von vier auf drei Angebote mit „abgestimmter Strategie“. Betroffen sind hier der Kinderkanal, ZDFneo, ARD One und das Online-Jugendangebot Funk.
Auch bei den Hörfunkwellen sind Einschnitte vorgesehen. Der Reformstaatsvertrag schreibt vor, dass die ARD-Hörfunkwellen von 70 auf 53 reduziert werden. Für jede ARD-Anstalt ist die Höchstzahl auf einen individuellen Wert gedeckelt, der auch von Bevölkerungszahlen und der Anzahl der Bundesländer im Sendegebiet abhängig ist.
Erstmals wird es eine staatsvertragliche Regelung zum Thema Sportrechtekosten geben. Fünf Prozent ihrer zusammengerechneten Gesamtausgaben dürfen ARD und ZDF in Zukunft in Sportrechte investieren. Diese Regelung schreibt den Status quo fest: Demnach darf die ARD weiterhin 240 Millionen Euro und das ZDF 163 Millionen Euro pro Jahr an Sportverbände zahlen. Rechnerisch wären nach der Fünf-Prozent-Formel sogar insgesamt 480 Millionen Euro möglich. In früheren Staatsvertragsentwürfen war zunächst eine deutlichere Kürzung der Ausgaben vorgesehen.
Das Verbot der „Presseähnlichkeit“ öffentlich-rechtlicher Internetangebote wird verschärft. Eingeführt wird eine „Aktualitätsklausel“, nach der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Texten auf aktuelle Sendungen Bezug genommen werden muss, die nicht älter als vier Wochen sein dürfen. Zudem wird die Vorschrift verschärft, dass auch bei sendungsbegleitenden Texten eine Einbindung von Bewegtbild oder Ton erfolgen soll.
Die Novelle betrifft auch die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Vorgeschrieben wird ein „Kodex zu Standards für Leitung und Aufsicht“, der gemeinsam mit Gremien der Sender entwickelt wird. Ein neuer Medienrat überprüft die Auftragserfüllung mit einem „Blick von außen“ im Ganzen. Außerdem werden die Sender zu einer stärkeren Kostentransparenz verpflichtet.
Eine grundsätzliche ARD-Strukturreform, wie sie unter anderem der von den Ländern eingesetzte Zukunftsrat für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfohlen hatte, ist im Staatsvertrag nicht enthalten. Hier ist lediglich vorgesehen, dass einzelne ARD-Anstalten eine Federführungsfunktion für bestimmte Aufgaben vor allem im technischen und administrativen Bereich übernehmen.