Kroatien hat eine neue Regierung. Doch deren Zusammensetzung beunruhigt viele politische Beobachter in Europa. Vor allem die rechtsnationale Heimatbewegung steht nicht für einen Kurs der Mitte.
Eigentlich war es das Ziel von Kroatiens Ministerpräsident Andrej Plenkovic, den “kroatischen Donald Trump” an der Regierungsspitze zu verhindern. So betitelten Medien vor den Parlamentswahlen im April Staatspräsident Zoran Milanovic, der erklärt hatte, Kroatiens neuer Ministerpräsident werden zu wollen. Das konnte Plenkovic tatsächlich verhindern. Seine Kroatische Demokratische Union (HDZ) setzte sich erneut gegen Milanovics Sozialdemokraten durch. Nun könnte jedoch ein anderer “kroatischer Trump” in den Startlöchern stehen: in Form des rechtsnationalen Koalitionspartners.
Mit den 14 Sitzen der drittplatzierten Heimatbewegung (DP) ist der HDZ die Bildung einer Parlamentsmehrheit gelungen. Am Donnerstag unterzeichneten Plenkovic und DP-Präsident Ivan Penava den Koalitionsvertrag. Einen Vorgeschmack auf die DP-Politik bekamen die Kroaten bereits in den vergangenen Tagen: Das Land müsse sich gegen “ideologische Kolonialisierung” wehren, forderte etwa der DP-Parlamentarier Stjepo Bartulica. Unter einer DP-Regierung werde jegliche Gender-Ideologie verschwinden: “Das Letzte, was wir brauchen, sind verwirrte Kinder an öffentlichen Schulen.”
In der Hauptstadt Zagreb werde ein Museum für die Opfer des Kommunismus gebaut, und überall auf der Welt, wo Kroaten lebten, müsse es künftig Konsulate geben, so Bartulica. Mit dem letzten Punkt legte der Politiker den Finger in eine Wunde: Kroatien, seit 2023 Schengen-Mitglied, ist stark von Abwanderung betroffen. Nicht nur in Deutschland und Österreich gibt es große Exil-Gemeinden. Millionen Kroaten leben auch in Kanada, den USA, Australien, Neuseeland und Südamerika.
Hinzu kommt das ungleiche Verhältnis zwischen Geburten und Todesfällen: 2022 hatte das Land 3,9 Millionen Einwohner, ein Schwund von mehr als neun Prozent seit 2011. Regierungschef Plenkovic nannte kürzlich künstliche Befruchtung als mögliche Lösung, um das “fundamentale Problem für Kroatiens Gesellschaft” in den Griff zu bekommen.
Kann die EU-skeptische Heimatbewegung den Bevölkerungsschwund aufhalten; gar nach dem Motto “Make Croatia great again”? Fest steht: Die Nationalisten sollen in der neuen Regierung drei Ministerposten erhalten, darunter den des nun neu gegründeten Ministeriums für Demografie und Einwanderung. Minister soll der DP-Politiker Ivan Sipic werden, ein 49 Jahre alter Theologe und früheres HDZ-Mitglied. Er befürwortet einen kursierenden Vorschlag, wonach es am besten sei, wenn kroatische Mütter bis zur Einschulung des jüngsten Kindes zu Hause bleiben.
“Ich denke, wir stehen vor einer erfolgreichen Mitte-rechts-Regierung, die den Willen der Wähler widerspiegelt”, meint der HDZ-Politiker Davor Ivo Stier. Vorsichtiger sind Politologen – und warnen vor einem ideologischen Rucksack, den die DP-Abgeordneten mitbrächten. Der Politikforscher Zarko Puhovski verglich die Partei mit der deutschen AfD.
Ob sie gleichermaßen radikal agiere, würden die nächsten Wochen zeigen, so Puhovski. Er äußert ebenfalls Sorge vor einer Ideologisierung seines Heimatlandes; jedoch komme diese erst mit der DP, die Denkansätze “gut organisierter, US-finanzierter” Organisationen vertrete. Die Populisten wollten ein konservatives, US-amerikanisch-ländliches Konzept verbreiten.
Außerdem erwarten Beobachter, dass sie als Koalitionspartner den rechten Flügel der regierenden HDZ stärken werde. Diesen hatte Plenkovic bislang in Schach gehalten. Auch am Freitag betonte der Regierungschef, im Parlament zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen befragt, man werde weiter die Rechte aller Minderheiten respektieren und schützen.