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“Netzwerk gegen Kinderarmut” fordert mehr Bildungschancen

In den Schulen in Sachsen-Anhalt sowie in Kindertagesstätten soll es eine flächendeckende Sozialarbeit geben, fordert das „Netzwerk gegen Kinderarmut“ in Sachsen-Anhalt. Insbesondere für Kinder, die von Armut und Gewalt betroffen seien, sie dies eine wichtige Maßnahme, sagte die Landtagsabgeordnete Eva von Angern (Linke) am Montag in Magdeburg.

Da die bisherige Finanzierung aus dem Europäischen Sozialfonds unsicher sei, forderte von Angern ein eigenes Landesprogramm für Schulsozialarbeit. Weiterhin setzt sich die Linken-Politikerin für die Förderung von Familienhebammen ein. Diese spielten eine Schlüsselrolle bei der Begleitung von schwangeren Frauen und jungen Familien. Das gelte insbesondere für sozial benachteiligte oder besonders belastete Menschen. Deren Arbeit müsse stärker anerkannt und finanziell besser ausgestattet werden.

Roland Achtzehn vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Sachsen-Anhalt forderte mehr Verbindlichkeit bei Vorsorgeuntersuchungen für Kinder. Er befürworte eine verpflichtende Untersuchung von Kindern, sagte der Kinderarzt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Diese sei aber politisch vermutlich schwer durchsetzbar. Alternativ seien auch „Recall“-Systeme denkbar, bei denen Eltern nochmals eingeladen werden, wenn sie Termine für Vorsorgeuntersuchungen ihrer Kinder nicht wahrgenommen haben.

Studien hätten gezeigt, dass Kinder aus ärmeren Haushalten häufiger gesundheitliche Probleme hätten und sich schlechter entwickelten, betonte Achtzehn. Das zeige sich etwa in einem höheren Bedarf an Sprachförderung oder in einer schlechteren Zahngesundheit. Finanziell schlechter gestellte Eltern würden Vorsorgeangebote nicht in ausreichendem Umfang wahrnehmen. Diese Gruppe müsse die Politik stärker in den Fokus nehmen.

Klaus Roes von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie Sachsen-Anhalt forderte die Beibehaltung von sogenannten Freitischen in Schulen für Kinder aus sozial schwachen Familien. Die aktuelle Novelle des Schulgesetzes sehe eine Streichung dieser Maßnahme vor, die Kindern ein kostenloses Mittagessen ermöglicht.

Eine Studie von 2017 habe ergeben, dass nur knapp die Hälfte aller Schüler an der Mittagsverpflegung teilnehme, in Grundschulen seien es rund 68 Prozent gewesen. Ein Grund sind laut Roes die Kosten von fünf Euro pro Tag. Familien mit Leistungsbezug könnten neben den Freitischen auch Unterstützung nach dem Bildungs- und Teilhabepaket beantragen. Jedoch nehme nur ein Drittel der Eltern die Leistungen in Anspruch.

Roes forderte zudem mehr Maßnahmen, um Schulabbrecher zu vermeiden. Laut Statistischem Landesamt hat zum Schuljahresende 2023/24 fast jeder zehnte Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen. Daher müsse das Landesberufsorientierungsprogramm BRAFO ausgebaut werden. Auch Praktikumsprämien sind laut Roes ein erfolgreiches Modell, um Schüler für eine berufliche Ausbildung zu motivieren, insbesondere in Sozialberufen.

Das „Netzwerk gegen Kinderarmut“ wurde 2017 gegründet. Es verfolgt nach eigenen Angaben das Ziel, das Engagement von Zivilgesellschaft, Kirchen, Politik und Wissenschaft gegen Kinderarmut zusammenzuführen.