„Nachts im Museum“ ist eine erfolgreiche US-Filmkomödie über einen Museumswächter, der nachts alleine auf die wertvollen Ausstellungsstücke aufpassen soll und dabei mit den zum Leben erwachten Exponaten die unwahrscheinlichsten Abenteuer erlebt. Eine Nacht alleine im Museum – dafür muss man im Museum Lüneburg kein Museumwächter sein, sondern kann als Gast ganz regulär eine Übernachtung mitten zwischen versteinerten Stoßzähnen und Mammutknochen buchen.
„Das war ein einmaliges Erlebnis. Und es hat bei uns auch nicht gespukt, sondern wir haben sehr gut geschlafen“, sagt Anne Beckmann-de Badts. Zusammen mit ihrer Tochter Jule ist sie extra aus Frankfurt/Main nach Lüneburg gekommen, um so eine Nacht zu erleben. „Wir beide besuchen gerne Museen, deswegen habe ich meiner Mutter so eine Übernachtung zum Geburtstag geschenkt“, erzählt Jule, die in die 8. Klasse geht. Sie sind am Nachmittag angereist, um sich alle Abteilungen im Museum anzuschauen.
Dabei gibt es auch bedeutende religiöse Exponate entdecken, etwa die Nachbildung der berühmten Ebstorfer Weltkarte aus dem nahegelegenen Kloster Ebstorf, die im Mittelalter die größte Weltkarte überhaupt war. Oder das Heiligenthaler Altartuch mit 38 Szenen aus dem Leben Jesu, das im 14. Jahrhundert aus Leinen, Seide und Goldfaden gewebt wurde. In der Abteilung „glauben und wissen“ im Obergeschoss ist dargestellt, wie die Reformation das Leben der Menschen in der Salzstadt verändert hat.
Das größte Hotelzimmer Deutschlands
Wenn das Museum Lüneburg dann abends schließt, sind die Übernachtungsgäste alleine im großen Haus und können sich auf einer Fläche von 200 Quadratmeter im Foyer und in der Abteilung „schichten und schieben“ frei bewegen. Hier werden Fossilien und Gesteine aus der Frühgeschichte der Region Lüneburg in Vitrinen präsentiert.

„Das ist das größte Hotelzimmer Deutschlands“, sagt Anne Beckmann-de Badts. Neben einem Rundgang in aller Ruhe durch die Ausstellung („Der uralte große Stein mit Muscheln hat uns am meisten beeindruckt“) haben die beiden die besonderen Räumlichkeiten auch besonders genutzt: Die Mutter hat ein Video mit ihrer tanzenden Tochter, die Ballettunterricht hat, vor einzigartiger Kulisse aufgenommen. Unbelauscht haben sie zusammen gesungen und dabei die außergewöhnliche Akustik der hohen Räume genossen.
„Es ist schon ein spezielles Gefühl zu wissen, dass wir hier nackt durchs Haus laufen könnten, ohne dass es jemand mitbekommt. Haben wir aber nicht gemacht“, erzählt Beckmann-de Badts lachend. Möglich wird die Übernachtung durch die Zusammenarbeit des Museums Lüneburg mit dem Unternehmen Sleeperoo aus Wien. Es hat ein würfelartiges Zelt mit weitgehend transparenter Außenhaut entwickelt und herstellen lassen, mit Platz für drei Übernachtungsgäste. Dieser sogenannte Cube wird an ungewöhnlichen Orten aufgestellt, zum Beispiel in Brauereien, am Strand oder in Tierparks.
Stille und Zweisamkeit genießen
„Wir waren 2019 das erste Museum in Deutschland mit diesem Angebot“, sagt Lüneburgs Museumsleiterin Heike Düselder und fügt hinzu: „Es läuft richtig gut, wir haben im Schnitt drei Übernachtungen die Woche. Die meisten Gäste kommen von weiter weg, vor allem Paare, Freundinnen, Alleinerziehende mit Kindern.“ Schäden durch Gäste habe es bisher nicht gegeben. „Wir sind positiv von der großen Resonanz überrascht“, sagt Düselder.
Das spiegelt sich auch im Gästebuch des Museums wider. Dort finden sich Eintragungen wie „Wir durften unseren Jahrestag bei Ihnen im Museum verbringen. Es war wirklich ein einmaliges Erlebnis“ oder „Ich glaube, am meisten haben wir die Stille genossen und einfach zu zweit zu sein.“ Auch der Blick am morgen durch die große Glasfront des Museums auf die St.-Johannis-Kirche aus dem späten 15. Jahrhundert, dem ältesten Gotteshaus in Lüneburg, wird überschwänglich gelobt.
Mutter und Tochter Beckmann-de Badts haben sich übrigens im Lüneburger Museum den zweiten Teil von „Nachts im Museum“ auf ihrem Tablet angeschaut – allerdings nur bis zur Hälfte, dann sind sie vor Müdigkeit eingeschlafen.