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Nachruf auf Joachim Jeutner: Er schuf eine gute Gemeinschaft

Der erste Pfarrer der Sternkirche Potsdam, Joachim Jeutner, ist im Alter von 90 Jahren gestorben.

Joachim Jeutner starb am 8. Januar
Joachim Jeutner starb am 8. JanuarKirchenkreis Potsdam

In der staatlichen DDR-Ideologie war es erklärtes Ziel, die Religion zu überwinden, die SED wollte alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens kontrollieren. Da waren die Kirchen ein Stachel im Fleisch. Joachim Jeutner konnte davon ein Lied singen. Er ließ sich jedoch nicht einschüchtern.

Der vor gut 90 Jahren bei Schwiebus in der Neumark (polnisch Nowa Marchia) östlich der Oder in der früheren Mark Brandenburg, heute Polen, Geborene musste mit der Familie 1945 die Heimat verlassen. In Buckow in der Mark fand sie ein neues Zuhause. Er besuchte die „Landesoberschule“ in Waldsieversdorf, die sich jedoch als SED-Kaderschmiede entpuppte. Er verließ sie vor der „Reifeprüfung“, denn er und seine Freundinnen und Freunde, die sich zum christlichen Glauben bekannten, wurden in der Schule diskriminiert.

Joachim Jeutner: Studium am Paulinum, Einsatz als Jugendwart

Joachim Jeutner erlernte einen landwirtschaftlichen Beruf und ging anschließend an das „Paulinum“, eine kirchliche Ausbildungsstätte für den zweiten Bildungsweg, um Theologie zu studieren. Danach wurden Gemeinden in Vorpommern, in der Niederlausitz sowie in der Altmark seine Arbeitsorte vornehmlich als Jugendwart.

1976 erhielt Joachim Jeutner eine Pfarrstelle im Kirchenkreis Potsdam. Sein Interesse am Aufbau einer Kirchengemeinde in einem Neubaugebiet von der ersten Stunde an, war groß. Im neu entstehenden Stadtteil Am Stern bekam er diese Chance. Von Tür zu Tür zogen Joachim Jeutner, Sozialarbeiterin Renate Seefeldt und andere Christen aus der neugegründeten Stern-Gemeinde. Viele Bewohner waren mit der christlichen Botschaft nicht vertraut. So musste man um Vertrauen werben und die frohe Botschaft sollte nicht mit dem Holzhammer an die Frau und an den Mann gebracht werden.

Das DDR-Sonderbauprogramm „Kirchen für neue Städte“

Die Kirchengemeinde konnte gestärkt werden. Für Gottesdienste und Veranstaltungen traf man sich in kleinen, privaten Räumen. Doch 1987 konnte der Grundstein für ein neues Gotteshaus im Rahmen des DDR-Sonderbauprogramms „Kirchen für neue Städte“ am Stern gelegt werden. Kirchenbauten waren für die offiziellen Stellen immer schwierig, denn sie standen für etwas, was eigentlich nicht sein durfte. Einige ältere Kirchen wurden abgerissen, viele konnten nicht saniert werden – und Neubauten waren nur sehr selten möglich. Am Stern konnte mit finanzieller Unterstützung westdeutscher Kirchengemeinden das Neubauprojekt verwirklicht werden. Am 27. Januar 1990 wurde die Kirche, die Sternkirche, eingeweiht.

Das Pfarramt an der Sternkirche hat Joachim Jeutner menschlich und geistlich erfüllt. Er stand mit den Gemeindemitgliedern und darüber hinaus im offenen Dialog und schuf eine Gemeinschaft, in die man sich gern integrierte. 1997 mussten er und die Gemeinde einen schweren Schlag überstehen: Die Sternkirche brannte aufgrund eines Defekts. Doch Jeutner versagte nicht der Mut. Mit der Kraft des Glaubens und der Gemeinde wurde die Kirche wieder aufgebaut.

Am 23. Dezember 2024 feierte er in „seiner“ Sternkirche den 90. Geburtstag. Ein paar Tage später, am 8. Januar, verstarb er nach schwerer Krankheit.

Klaus Büstrin ist Journalist und Prädikant in Potsdam.