„Kennen wir uns schon?“ So oder auch ganz anders könnte die Begrüßung bei einem Kurzbesuch von Gemeindegliedern lauten. Persönlich Kontakt aufzunehmen und Menschen zu besuchen, dazu regt die Kirchenleitung die Gemeinden der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) 2025 und 2026 an. Ein Impuls zur Mitgliederkommunikation, wie Pröpstin Christina-Maria Bammel in einem Brief an Superintendentinnen und Superintendenten und Kirchengemeinden im November 2024 schrieb.
Nach dem Jahr der Taufe 2023 steht nun an, sich verstärkt um die Mitglieder zu kümmern, „die wir nur mit Schwierigkeiten erreichen“, so die Pröpstin. Also diejenigen, die schon länger keinen Kontakt zu ihrer Kirche hatten. Verbundenheit stärken, Danken für sonst wenig gesehene Beiträge –und das „aus echtem Interesse“ an den Menschen. „Innovative und experimentelle Wege der Mitgliederkommunikation“ in der EKBO will die Kirchenleitung unterstützen. Bereits bestehende Traditionen können gestärkt werden.
Im Kontaktjahr setzt die EKBO auf Gespräche am Gartenzaun
Der Impuls ist auch ein Ergebnis der Beschäftigung mit der jüngsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Die ergab, dass „Menschen, die in persönlichem Kontakt mit ihrer Kirche sind, dieser Kirche leichter verbunden bleiben“. Christina-Maria Bammel nennt Gespräche am Gartenzaun oder an der Wohnungstür von Kirchenmitgliedern, kurze Besuche, die „Vertrauen stiften“. Aber auch Besuche bei bestimmten Zielgruppen, Kindern und Jugendlichen, Konfirmandeneltern oder bei denen, die kurz vor dem Ruhestand stehen. Gremien sollten sich zuvor Zeit nehmen, um Fragen zu klären. Ist es noch zeitgemäß, unangemeldet vor der Tür zu stehen? Wie wichtig ist ihnen der Kontakt zu wenig erreichten Gemeindegliedern?
Kontaktjahr klingt etwas sperrig, aber dahinter steht ein gutes Anliegen: Echtes Interesse für die Gemeindeglieder zu zeigen, mal persönlich Hallo zu sagen. Ob alteingesessen, kürzlich erst getauft oder neu zugezogen. Wer den Pfarrer oder die Pfarrerin kennt oder jemanden von der Gemeindeleitung, hat schon mal eine Verbindung zu seiner Gemeinde. Und bekommt im Zweifelsfall nicht erst Post von seiner Kirche, wenn er austritt. „Wir glauben, dass das Signal: ,Wir kümmern uns konkret um Sie‘, ein wichtiger verbindender Beitrag nicht zuletzt auch in einer Gesellschaft ist, der Themen wie Isolation, Abschottung bis hin zur Vereinsamung nicht fremd sind“, so die Pröpstin. Viele sind durch Familie oder Sorgearbeit in der Pflege auch stark gebunden. Wer also redet mit denen, die in allem schwierigen Alltäglichen irgendwie bei dem Standpunkt angekommen sind: Ohne Kirche fehlt mir nichts.
Hausbesuche der Kirche: Reaktionen fallen unterschiedlich aus
Neben anderen wird sich der Kirchenkreis Barnim intensiv mit dem Kontaktjahr befassen. „Für uns ist es noch ein bisschen früh, konkrete Verabredungen gibt es noch nicht. Aber das Thema wird in den Gemeinden und Gremien längst bedacht und bearbeitet“, sagt Christoph Brust, Pfarrer in Biesenthal-Barnim und Vorsitzender der gemeinschaftlichen Leitung im Kirchenkreis Barnim. „Der Kreiskirchenrat ermutigt die Gemeinden den Impuls aufzunehmen.“ Im Pfarrkonvent war das Kontaktjahr am 12. Februar Thema. Ende Februar geht der Kreiskirchenrat in Klausur und nimmt die Anregung mit. Am 15. März spricht die Pröpstin darüber in der Kreissynode.

Zum Impuls, verstärkt Kontakt aufzunehmen, gibt es landauf landab unterschiedliche Reaktionen. „Das machen wir doch den ganzen Tag, das ist selbstverständlich und unser Beruf“, hört man skeptisch von den einen. „Das ist doch ein guter Impuls, noch einmal neu darüber nachzudenken, wie wir Verbindung zu den Gemeindegliedern aufnehmen können“, äußern die anderen. Schließlich können Gemeinden und Kirchenkreise auch eine Förderung für gute Ideen in Anspruch nehmen. Für externe Begleitung etwa, die die EKBO mit bis zu 1000 Euro auf Antrag unterstützt: „Zum Beispiel für einen Stellenanteil im Kirchenbüro“, sagt Pröpstin Bammel. Die Öffentlichkeitsarbeit der Landeskirche stellt Postkarten mit QR-Code für den leichten digitalen Kontakt im EKBO-Design zur Verfügung. Einfach in den Briefkasten stecken, wenn gerade niemand erreichbar ist. Ein zweiter Brief an die Kirchengemeinden und Kirchenkreise mit mehr Details soll folgen. Für den Sommer sind ein Vernetzungstreffen und Erfahrungsaustausch in der Startphase geplant.
Das Kontaktjahr: Neu über die eigene Kirchenmitgliedschaft nachdenken
Welches Motiv hat Christoph Brust persönlich, die Anregung aufzunehmen? „Wenn meine Kirche zum Kontaktjahr aufruft, packe ich das nicht einfach in die Schublade“, sagt Christoph Brust mit einem Augenzwinkern. „Wir knüpfen da an das Jahr der Taufe an, feiern weiter Tauffeste. Und wir werden schauen, was sich daraus zusammen mit dem Kontaktjahr für eine Dynamik entwickelt.“ So ein Besuch könne auch ein guter Impuls sein, noch einmal neu über die eigene Kirchenmitgliedschaft nachzudenken: „Du gehörst doch dazu. Was bedeutet das für Dich? Du kannst Dich beteiligen. Es gibt gute Möglichkeiten dafür.“ Im ländlichen Bereich seien die Lebenszusammenhänge enger als in der Stadt. Man sieht sich häufiger, trifft sich beim Einkauf, in der Kita oder sitzt zusammen in der Elternversammlung. Aber von den etwa 1000 Gemeindegliedern in seiner Landgemeinde kennt er auch nicht jeden persönlich. Das könnte sich bald ändern.
Aufsuchende Mitgliederkommunikation: Es gibt bereits vielfältige Formate
Auch in der Stadt wird die Initiative der Kirchenleitung diskutiert. Beim Pfarrkonvent im Kirchenkreis Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf Mitte Januar wurde zusammengetragen, welche Formen der Mitgliederkommunikation es schon gibt. Es sind bereits vielfältige aufsuchende persönliche Formate vorhanden. Dazu zählen regelmäßige Besuchsdienste, persönliche Besuche bei Gemeindegliedern anlässlich von Jubiläen und Geburtstagen. Zu vielen Anlässen erhalten Gemeindeglieder Briefe und Karten, etwa auch zur Begrüßung der Neuzugezogenen. Superintendent Carsten Bolz: „Wir suchen immer den persönlichen Kontakt zu unseren Gemeindegliedern, auch zu denen, die wir im Moment mit Gottesdiensten und anderen Angeboten noch nicht so gut erreichen.“ Eine gewisse Skepsis gab es gegenüber unangemeldeten Besuchen an der Haustür; das könnte möglicherweise auf Ablehnung bei den zu Besuchenden stoßen.