Beim ersten multireligiösen Mittagsgebet in Bonn haben eine Jüdin und eine Muslima ein gemeinsames Friedensgebet gesprochen. “Schenke uns Frieden, bringe uns Versöhnung”, sprachen Annette Boeckler und Nasrin Bani Assadi am Donnerstagnachmittag gemeinsam im Kapitelsaal am Bonner Münster. Angesichts des Kriegs in Nahost habe man sich für das muslimisch-jüdische Gebet entschieden.
“Wir bitten nicht darum, Hassende zu vernichten, sondern Hass zu verbannen”, so Boeckler in dem Gebet. Assadi fragte, wie es passieren könne, dass Gläubige ihre Geschwister töteten, die an den gleichen Gott glaubten. Der Wunsch der beiden Theologinnen sei gewesen, “in die jüdische Trauer auch die muslimische hineinzunehmen”, so der Bonner katholische Theologe und Mitinitiator Klaus von Stosch.
Das gemeinsame Gebet begann mit einem muslimischen und einem jüdischen Gebetsruf sowie einem von Papst Franziskus geschriebenen Gebet. Dieses ist so formuliert, dass es auch Menschen anderer Religionen beten können. Anschließend sangen die drei Verantwortlichen einen Psalm, einen Auszug aus der Thora und aus dem Koran.
Die rund 30 anwesenden Christen, Juden und Muslimen stimmten teilweise mit ein. Die Texte handelten von der Umwelt und der Bewahrung der Schöpfung. Dies sei das ursprüngliche Thema des multireligiösen Gebets, das nun um das Thema Frieden ergänzt wurde, so von Stosch.
Am Ende des Gebets sangen die Teilnehmer ein jüdisches Friedenslied, das auch bei den kommenden Gebetstreffen erklingen soll. Dieses enthalte den Aufruf zum Frieden im israelisch-arabischen Konflikt, so die Veranstalter.
Im Laufe der Zeit – die Gebetsreihe ist bis zum Sommer geplant – sollen die Gebets- und Liedtexte verändert werden. “Dabei geht es nicht darum, Anstößiges zu vermeiden”, so von Stosch. Es gehe darum, Gemeinsamkeiten auszudrücken, aber auch die jeweiligen Traditionen zu bewahren.