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Musiker Barenboim kritisiert geplante Bundestagsresolution

Der Diskurs über Antisemitismus und die Politik Israels sei “völlig aus dem Ruder gelaufen”, so Michael Barenboim. Der von Politikern in Berlin geplante Text zum Schutz jüdischen Lebens schütze niemanden.

Der Musiker Michael Barenboim hat die geplante fraktionsübergreifende Bundestagsresolution zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland kritisiert. Der Text sei “einer Demokratie unwürdig”, schreibt Barenboim in einem Beitrag für die “Süddeutsche Zeitung” (Montag). “Nicht alle Jüdinnen und Juden werden hier geschützt, sondern nur diejenigen, die die Politik der Regierung Israels unterstützen.” Die Form, wie auf Israel verwiesen werde, lasse vermuten, “dass es hier eigentlich nicht um die Bekämpfung von Antisemitismus geht, sondern um die Unterdrückung palästinensischer Stimmen”.

Der Musiker erinnert daran, dass der Internationale Gerichtshof (IGH) in einem Gutachten im Juli die Besetzung von Ost-Jerusalem, der Westbank und dem Gazastreifen als unrechtmäßig bezeichnet habe. Sie müsse beendet, die jüdischen Siedlungen müssten geräumt und Reparationen an Palästinenser geleistet werden. Die geplante Resolution würde den Verweis auf das Gutachten des IGH und dieses selbst unter Antisemitismusverdacht stellen, so Barenboim.

“Repressive Maßnahmen gegen völkerrechtskonforme Äußerungen schützen keineswegs jüdisches Leben. Sie untergraben vielmehr jede Hoffnung auf eine friedliche gemeinsame Zukunft in der Region”, so der Dirigenten-Sohn. Dafür, dass er den IGH zitiere und von Menschenrechten spreche, bekomme er fast täglich Beschimpfungen. Andere beglückwünschten ihn zu seinem Mut. Das sei “bezeichnend für den völlig aus dem Ruder gelaufenen Diskurs”.

Barenboim ist Geiger und Professor für Violine und Ensemblespiel an der Barenboim-Said-Akademie. Außerdem ist er Konzertmeister im West-Eastern Divan Orchestra. In dem von seinem Vater Daniel Barenboim gegründeten Ensemble spielen israelische, palästinensische und arabische Musiker gemeinsam.