Rund sieben Jahre nach dem Mord an der brasilianischen Linkspolitikerin Marielle Franco hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die mutmaßlichen Auftraggeber erhoben. Die Staatsanwaltschaft beantragte am Dienstag (Ortszeit) eine lebenslange Haftstrafe für den ehemaligen Abgeordneten des Nationalkongresses, Chiquinho Brazão, und das Ex-Mitglied des Rechnungshofes, Domingo Brazão. Sie hält die Brüder für die Drahtzieher der Ermordung der Linkspolitikerin.
Die Stadträtin Franco war am 14. März 2018 in Rio de Janeiro auf offener Straße in ihrem Auto regelrecht hingerichtet worden. Auch ihr Fahrer Anderson Gomes fiel dem Mordanschlag zum Opfer. Zwei Haupttäter wurden bereits zu langen Haftstrafen verurteilt.
Der Mord an der 38-jährigen Politikerin hatte ganz Brasilien aufgewühlt und auch international für Entsetzen gesorgt. Noch immer sind die genauen Umstände des Verbrechens und die Zusammenarbeit von Politikern mit der organisierten Kriminalität nicht vollständig aufgeklärt. Die Ermittlungen der Bundespolizei stockten lange und wurden erst nach dem Amtsantritt des linksgerichteten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva vorangetrieben.
Laut Staatsanwaltschaft sollen die Brüder Brazão die Hinrichtung Francos und ihres Fahrers angeordnet haben. Die Stadträtin trieb ein Projekt für den Bau von Sozialwohnungen auf einem Grundstück voran, das kriminelle Milizen unter ihrer Kontrolle haben wollten. Damit durchkreuzte Franco die Pläne der Brüder Brazão, die eng in die Machenschaften verwickelt waren. Von den bereits verurteilten Haupttätern, die die Schüsse auf Franco abgegeben, wurden beide Politiker belastet.
Mit den Forderungen der Staatsanwaltschaft geht das Verfahren nach Jahren der Ermittlungen in seine Schlussphase. Die Verteidigung hat jetzt 30 Tage Zeit, die Anschuldigungen zu erwidern. Danach fällt das Oberste Gericht sein Urteil.
Die Afrobrasilianerin Franco, die selbst in einem Armenviertel aufgewachsen war, galt als politische Hoffnungsträgerin. Im Stadtrat von Rio de Janeiro setzte sie sich für die Bewohner der Favelas und gegen Polizeigewalt ein. Franco lebte in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung und war auch eine Ikone der LGBTQ-Bewegung in Brasilien.