Schon der Vater von Johann Strauss versetzte als Teufelsgeiger die Menschen in Walzerrausch. Mit dem Sohn ging die Ekstase aber erst richtig los. 2025 feiert Österreich den 200. Geburtstag des Walzerkönigs.
Wenn zu Silvester die Pummerin, die größte Glocke im Wiener Stephansdom, zwölf Mal schlägt, verfällt Österreich wieder in Walzerseligkeit. Nicht nur im Zentrum der Bundeshauptstadt wird dann getanzt. Zu den Klängen von “An der schönen blauen Donau” gibt es um Mitternacht im ORF-Fernsehen auch wieder eine Einlage von fünf Paaren des Staatsballetts. Und ab 11.15 Uhr sind am 1. Januar weltweit Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer dabei, wenn aus dem Wiener Musikverein das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker übertragen wird – mit Riccardo Muti als Dirigent.
Die Kompositionen der Strauss-Dynastie werden traditionsgemäß im Mittelpunkt stehen. Jedoch wollen die Musiker besonders den “Walzerkönig” Johann Strauss Sohn (1825-1899) hochleben lassen, dessen 200. Geburtstag 2025 gefeiert wird. Sein Ehrentag ist zwar erst am 25. Oktober, doch schon jetzt und in den kommenden Monaten wartet Wien mit einem bunten Strauß von Ausstellungen und Konzerten auf. Darunter eine vor wenigen Monaten eröffnete immersive Schau, in der die Besucherinnen und Besucher beschwingt in das turbulente Leben des Walzerkönigs eintauchen können mit seiner Musik über Kopfhörer.
Im Theatermuseum nahe der Hofburg setzt man mehr auf Dokumente wie die Originalpartitur der Operette “Die Fledermaus”. Aber auch eine goldene Krawattennadel mit Brillanten und eine Frackweste samt dazu passenden Handschuhen und Zylinder aus dem Besitz des Musikers dürfen nicht fehlen. Strauss war ein “Superstar” seiner Zeit, der schon damals auf eine perfekte Vermarktung setzte. Wesentlichen Anteil daran hatten seine drei Ehefrauen Jetty, Lilli und Adele sowie zu Beginn seiner Karriere seine Mutter Anna.
Eigentlich hatte ihr Mann Johann als Teufelsgeiger den Walzerrausch mit Joseph Lanner nach dem Wiener Kongress begründet. Sein verdientes Geld brachte er allerdings mit Glücksspiel und Affären durch, woraufhin seine Frau sich scheiden ließ und zunehmend auf den Sohn setzte. Dessen musikalische Ambitionen waren beim Vater nicht sehr gelitten, er soll ihm sogar seine Geige zertrümmert haben. Doch der Filius ließ sich nicht beirren und feierte 1844 in Hietzing einen fulminanten Auftritt. Die Presse kommentierte enthusiastisch: “Gute Nacht Lanner. Guten Abend Strauss-Vater. Guten Morgen Strauss-Sohn.”
Als der Vater 1849 an Scharlach starb, war der Weg für den Junior frei. Johann übernahm dessen Orchester und startete durch. An seiner Seite die Mutter und die beiden Brüder, von denen einer im Krankheitsfall auch als Dirigent einspringen konnte. Zum Komponieren brauchte Strauss – “ich arbeite wie ein Fiakerpferd” – Regenwetter und keinen Sonnenschein, wie er verriet. So entstanden Hits wie die “Demolirer-“, “Annen-” oder “Tritsch-Tratsch”-Polka und Walzer wie “Wein, Weib und Gesang” oder “Wiener Blut”. Tourneen führten ihn durch Europa, nach Russland und in die USA, wo er in Boston vor 50.000 Leuten spielte.
Eine regelrechte Strauss-Mania setzte ein mit Merchandising-Artikeln, darunter Hüte, Strümpfe und Krawatten. Strauss war es gelungen, die ursprünglich als frivol empfundenen Kompositionen im Dreivierteltakt vom Tanzboden in den Konzertsaal zu bringen. Seine Frau Jetty ermutigte den Gatten schließlich, sich auch an Operetten zu versuchen. Insgesamt 15 wurden es, mit dem “Zigeunerbaron” als größtem Triumph zu Lebzeiten.
Der Direktor der Wiener Oper, Gustav Mahler, überredete den bereits Kränkelnden im Mai 1899 noch einmal, “Die Fledermaus” zu dirigieren. Er schaffte die Ouvertüre und legte kurz darauf den Taktstock für immer nieder. Am 3. Juni starb der Walzerkönig an Lungenentzündung.
Tausende von Menschen nahmen an dem Trauerzug teil, der vorbei an seinen Wirkungsstätten, dem Theater an der Wien, der Hofoper und dem Musikverein, zum Zentralfriedhof führte. Im Oktober folgte die Umbettung in ein Ehrengrab. 1903 wurde ihm posthum im Stadtpark ein bis heute viel fotografiertes Denkmal errichtet, das ihn stehend und Geige spielend zeigt.