Schwerin. Ihre erste aktive Begegnung mit Flüchtlingen hatte Anja Fischer als Theologiestudentin. In Westberlin im Jahr 1986 warb ihr Professor für Altes Testament dafür, geflüchteten Libanesen, die seine Frau ehrenamtlich betreute, zu helfen. So besuchte sie die Flüchtlinge in einer Wannsee-Villa und war zutiefst erschrocken: Familien mit bis zu zehn Personen mussten sich ein – zugegeben – großes Zimmer teilen. „Da habe ich die Probleme selbst kennengelernt“, erinnert sie sich noch heute. Es wurde ihre Aufgabe, die Kinder zu betreuen.
Nun hat Anja Fischer seit dem 1. Juli beruflich mit Flüchtlingen zu tun. Die 52-Jährige ist Nachfolgerin von Walter Bartels, der Ende März in den Ruhestand gegangen war. Anja Fischer bewarb sich, weil sie Interesse an der Arbeit mit geflüchteten Familien hat, über Fremdsprachenkenntnisse verfügt und familiär mit dem Thema Flucht verbunden ist. Außerdem wollte sie nach ihren Jahren als Vertretungspastorin im Kirchenkreis Mecklenburg wieder auf einer Stelle arbeiten, die man nicht gleich wieder verlassen muss, wenn man gerade etwas aufgebaut hat.
Streit mit Familie
Eine jüngere Begegnung mit einem Flüchtling, die sie auch geprägt hat, gab es während ihrer Vertretungszeit in Boizenburg. Ein Tunesier kam mit dem Fahrrad aus dem Erstaufnahmelager Horst in das Pfarrhaus und wollte sich taufen lassen. Seine Familie hatte ihn zwingen wollen, seine Frau zu verlassen, da sie keine Kinder bekommen konnte. Das wollte er nicht, also erwog er, zum Christentum zu konvertieren.
Das Thema Taufe wird Anja Fischer auch in Zukunft immer wieder beschäftigen. Wie können Gemeinden eine gute Taufvorbereitung gestalten, wie können Geflüchtete, die sich taufen lassen wollen, umsichtig beraten und begleitet werden? Wie kann man ihnen helfen, verständlich über den neuen Glauben zu sprechen, und ihn im Asylverfahren glaubwürdig zu bezeugen?
Eine ihrer Hauptaufgaben ist es, Gespräche mit den Flüchtlingen führen, ihre Sorgen und Nöte wahr zu nehmen und in schwierigen Situationen gemeinsam Wege zu suchen, die manchmal auch nur punktuell Erleichterung verschaffen. Aber auch Kirchengemeinden zu sensibilisieren für die Probleme der Geflohenen und nun meist in Massenunterkünften lebenden, die unterschiedliche Religionen haben, unterschiedliche Essenstraditionen – und die oft traumatisiert sind.