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Missbrauchsopfer an Kardinäle: Brauchen entschlossenen Papst

Der Missbrauchsskandal überschattete auch die Ära Franziskus. Der Papst tat einiges gegen die Verbrechen, aber Betroffene fordern in einem Offenen Brief an die Kardinäle noch mehr Taten.

Einen Tag vor Beginn der Papstwahl in Rom protestieren Missbrauchsopfer für ein energischeres Vorgehen des Vatikans im Kampf gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche. Am Dienstag veröffentlichte die Betroffeneninitiative Ending Clergy Abuse Global (ECA) einen Offenen Brief an die in Rom zum Konklave versammelten Kardinäle. Darin fordert sie unter anderem die Entlassung eines jeden Missbrauchstäters aus dem Priesteramt, die Gründung einer unabhängigen Behörde zur Aufklärung solcher Fälle und die Kodifizierung von Rechten der Opfer.

Viele Bischöfe, so ECA, wehrten sich gegen die Umsetzung des Apostolischen Schreibens “Vos Estis Lux Mundi”, mit dem Papst Franziskus 2019 die kirchenrechtlichen Regeln und Instruktionen zur Bekämpfung von Missbrauch verschärft hatte. So hätten Priester in einigen Fällen nach Therapien oder sogar Haftstrafen stillschweigend in ihr Amt zurückkehren dürfen, heißt es in dem Brief. Der nächste Papst müsse nicht nur die Reformen von Papst Franziskus fortsetzen, sondern müsse sie vollenden. “Eine weitere Ära der Versprechen ohne Taten ertragen wir nicht”, so die Betroffeneninitiative. “Der nächste Papst muss mehr tun.”

Am Dienstagnachmittag wollten ECA-Mitglieder vor dem Gebäude der vatikanischen Glaubensbehörde “95 Thesen für Überlebende” vorstellen. “Angelehnt an Martin Luthers Herausforderung an die kirchliche Korruption im 16. Jahrhundert konfrontiert dieses moderne Manifest jahrzehntelangen institutionellen Missbrauch und das Leugnen von Verantwortung – mit gerechtem Zorn und moralischer Klarheit”, kündigte die Organisation an. Damit fordere man, die Strukturen zu zerschlagen, die den Missbrauch ermöglicht hätten, und die Stimmen und Würde der Betroffenen ins Zentrum zu stellen.

Das Glaubensdikasterium direkt am Petersplatz ist die oberste lehramtliche Instanz der katholischen Kirche. Sie ist auch für die Untersuchung von Missbrauchsfällen und die Bestrafung von Tätern zuständig.