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Mendel: CDU sollte eigene Wähler zu Engagement gegen rechts ermutigen

Der Direktor der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, hält es für die falsche Strategie der Union, zivilgesellschaftliche Organisationen für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus zu diskreditieren. Kurz nachdem eine Partei, die unter dem Verdacht steht, rechtsextrem zu sein, zweitstärkste Kraft im Bundestag geworden ist, gehe die Union gegen zivilgesellschaftliche Organisationen vor, die maßgeblich gegen den Aufstieg des Rechtsextremismus arbeiten, sagte Mendel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das enthalte eine gewisse Tragik.

Aus Perspektive der Unionsparteien stelle es sich vermutlich so dar, dass zivilgesellschaftliche Organisationen eher im linken politischen Spektrum verortet seien, sagte der deutsch-israelische Historiker und Pädagoge. „Es stimmt, dass ein großer Teil der Mitarbeiter in solchen Organisationen sich eher als links oder liberal politisch positionieren als konservativ.“ Die richtige Antwort darauf sei jedoch nicht, diese Organisationen zu delegitimieren.

Stattdessen sei es wichtig, „dass mehr Menschen aus dem gesamten demokratischen Spektrum verstehen, dass der Rechtsextremismus eine Gefahr für alle ist“, sagte Mendel. „Es wäre schön, wenn die CDU ihre Wählerschaft ermutigt, sich gesellschaftlich stärker gegen den Rechtsextremismus zu engagieren.“

Die Unionsfraktion im Bundestag hatte am Montag – einen Tag nach der Bundestagswahl – eine Anfrage mit 551 Fragen an die Regierung gerichtet, welche gemeinnützigen Organisationen mit Bundesmitteln gefördert werden. Hintergrund der Anfrage sind Proteste gegen die CDU infolge der Abstimmung über die Migrationspolitik Ende Januar im Bundestag. Im Antrag ist zudem von einer „Schattenstruktur“ von zivilgesellschaftlichen Organisationen die Rede, die mithilfe staatlicher Gelder indirekt Politik betrieben. Die Bildungsstätte Anne Frank ist nicht erwähnt.

„Wir verstehen unsere Arbeit als überparteilich, nicht neutral“, betonte Mendel. Wenn jemand rassistisch oder antisemitisch beleidigt werde, beziehe man dazu gemäß der Werte Anne Franks Position. „Neutralität würde im Widerspruch zu unserem Vereinszweck stehen“, sagte Mendel.

Der Begriff „Schattenstruktur“ sei zudem problematisch, da er suggeriere, die Arbeit dieser Organisationen finde im Verborgenen statt. Dabei arbeiteten gemeinnützige Vereine „extrem transparent“, eben weil sie Steuermittel und Mitgliederbeiträge erhielten. Die Finanz- und Projektberichte seien öffentlich. Er sehe daher keine Anhaltspunkte für den Vorwurf. Zudem treffe er wohl auch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung zu, die ebenfalls gemeinnützig sei.

Politische Bildungsarbeit sei gerade in dieser Zeit ein Auftrag der Zivilgesellschaft. Das Wahlergebnis sei auch „ein Denkzettel für die Zivilgesellschaft“, sagte Mendel. „Wir müssen aus unserer Komfortzone herauskommen und die Menschen erreichen, die wir bisher mit unserer Arbeit nicht erreicht haben.“