Schwangerschaftsvergiftung wird sie mitunter genannt. Der irreführende Name deutet an, wie viel Ratlosigkeit eine Präeklampsie lange auslöste. Ein Mediziner sieht weiterhin Mangel an Aufklärung – mit drastischen Folgen.
“Es mangelt”, so der Gynäkologe Ulrich Pecks – an Forschung, Aufklärung und Hilfe zur sogenannten Präeklampsie. Es handle sich um ein sehr relevantes Problem, sagte der Leiter der Geburtshilfe an der Würzburger Uniklinik der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Frauen, die während einer Schwangerschaft eine Präeklampsie erlitten, hätten ein lebenslanges Risiko etwa für Nierenerkrankungen, Herzinfarkte und Bluthochdruck.
Die Präeklampsie ist als Blutdruckerkrankung definiert. Weltweit versterben jedes Jahr fast 70.000 Frauen daran. In den westlichen Industrieländern konnte man die Müttersterblichkeit zwar massiv senken, doch auch hierzulande überleben etwa vier von 100.000 Frauen eine Geburt nicht. Unter den häufigsten Todesursachen ist das sogenannte HELLP-Syndrom, die schwerste Ausprägung der Präeklampsie: Hier kann es zur Ablösung der Plazenta, einem Leberriss, Hirnblutungen und Nierenversagen kommen.
Neben Hypertonie in der Schwangerschaft können laut Pecks weitere Organauffälligkeiten auftreten. “Das kann alles Mögliche sein, leider, und das macht die Präeklampsie zu so einer Art Chamäleon.” Zu den Symptomen zählten Kopfschmerzen, Nieren- und Leberprobleme, Gerinnungsstörungen, Übelkeit und Durchfall, aber auch Augenflimmern, Sehstörungen und Schwindel. Nahezu immer werde die Erkrankung von hohem Blutdruck begleitet; gefährlich werde es, wenn starke Oberbauchschmerzen hinzukommen.
In den aktuellen Mutterschafts-Richtlinien, an denen sich Frauenärzte und -ärztinnen orientieren müssen, ist ein – medizinisch mögliches – Screening nicht enthalten. Dafür müsste ein gesetzlicher Antragsberechtigter eine Methodenbewertung beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) anstoßen, der wiederum bindende Richtlinien für die gesetzlichen Krankenkassen verabschiedet. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, deren Leitlinien Pecks mitkoordiniert, bereitet derzeit entsprechende Schritte vor.
Wie die Krankheit entsteht, ist nicht in Gänze erforscht. “Schwangerschaft und Geburt haben leider in Deutschland, aber auch international nie die ganz große Aufmerksamkeit bekommen – da ist viel Nachholbedarf”, kritisiert Pecks. Dabei begleitet die Krankheit die Menschheit schon lange: So berichten 4.000 Jahre alte ägyptische Papyri von Schwangeren mit Krampfanfällen oder bewusstlosen, zuckenden Frauen vor und während einer Geburt. Über die Gründe konnte man damals nur rätseln – weshalb viele Frauen nicht überlebten. Größere Fortschritte gab es ab Mitte des 19. Jahrhunderts.