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Max Reger war das “enfant terrible” der Orgelmusik

Sie wären in diesem Jahr gemeinsam 300 Jahre alt geworden: der Komponist Max Reger (1873-1916) und der Organist Karl Straube (1873-1950). Anlässlich des Jubiläums ist das Max-Reger-Institut (MRI) mit der Ausstellung „Max Reger und sein Interpret Karl Straube. Eine Künstlerfreundschaft zwischen Inspiration und Einflussnahme“ zu Gast in der Badischen Landesbibliothek. Die Ausstellung widmet sich vom 27. September 2023 bis 13. Januar 2024 den beiden Musikerpersönlichkeiten.

Reger und Straube beeinflussten und förderten sich gegenseitig. Straube spornte den Komponisten Reger an, die Grenzen des Instruments auszuloten. Bereits zu Lebzeiten galt Reger als „virtuosester Komponist der deutschen Orgelmusik“, sagte der Geschäftsführer des MRI, Alexander Becker, dem Evangelischen Pressdienst (epd).

Aus dem künstlerischen Austausch entwickelte sich eine spannungsgeladene, und doch vertrauensvolle Freundschaft, die teilweise sogar zum Abbruch ganzer Kompositionen führte. So brach Reger im Herbst 1914 das Requiem, das den Ersten Weltkrieg reflektierte, nach Straubes Kritik ab. In Straubes Verständnis wurde die lateinische Sprache dem Thema nicht gerecht.

Erst in den 1980er-Jahren sei die „Totenfeier“, wie der Text seit 1938 auf Deutsch hieß, aufgeführt worden, sagte Becker. Die nunmehr „historische Perspektive“ habe einen anderen, neuen Blick auf die „apokalyptische Musik“ ermöglicht, so der Experte. Aufführungen der „Totenfeier“ fanden unter anderem in der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe statt.

In sechs Vitrinen zeigt die Ausstellung handschriftliche Noten Regers, Fotografien, Bilder, fragmentarische Kompositionen und Schallplatten. Die mit roter Farbe verfassten Anmerkungen Straubes zeigen sein sicheres Gespür für sinnvolle Kürzungen. Immer wieder kam es zwischen den Freunden zu – letztendlich – fruchtbaren Meinungsverschiedenheiten.

„Mich fasziniert die Kollision, wenn Künstlerisches menschelt“, beschrieb Jürgen Schaarwächter seine Leidenschaft für die Freundschaft Reger-Straube. Beide hätten etwa sehr unterschiedliche Auffassungen von Orgelmusik gehabt. Die romantische Musik, wie sie Reger schrieb, kam in den 1920er-Jahren aus der Mode. Man wollte wieder zurück zur ursprünglichen, barocken Orgelmusik.

So war es an Straube, der Reger um 35 Jahre überlebte, das Werk „Eine feste Burg ist unser Gott“ umzudeuten. Bis heute zeigt sich Straubes Einfluss auf die Rezeption von Regers Werk. Unter den zahlreichen Straube-Schülern gilt Heinz Wunderlich (1919-2012) als besonders wirkungsvoll. Seine Schüler sind teilweise bis heute in der Tradition Regers als Organisten tätig.

Genialität, Schaffensdrang und Humor zeichneten Reger als Person aus. An den Entwurf für die Choralfantasie „Alle Menschen müssen sterben“ wünscht Reger Straube mit dem ihm eigenen Humor ein „recht inniges Vergnügen“ und „im Falle, dass beim Anhören dieses Verbrechens es Todte geben sollte, übernehme ich die Beerdigungskosten“.

Die Sammlung des Max-Reger-Instituts (MRI) umfasst rund ein Drittel aller Musikhandschriften des Komponisten und ist in der Badischen Landesbibliothek aufbewahrt. Die Ausstellung wird diesen Dienstag (26. September) um 19 Uhr eröffnet. (2890/25.09.2023)