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Margrethe II. wird 85 – Dänemarks coole Vulkankönigin

Sie ist Künstlerin, Großmutter, den Dänen sehr nah und schert sich wenig um Konventionen. Seit dem 14. Januar 2024 ist sie außerdem im Ruhestand als Staatsoberhaupt: Jetzt wird Dänemarks Königin Margrethe II. 85.

Sie bleibt Dänemarks beliebteste Royale: Königin Margrethe II. und das, obwohl sie gar nicht mehr an der Spitze der ältesten Monarchie Europas steht. Nach 52 Jahren auf dem Thron dankte sie am 14. Januar 2024 ab, was sie nur zwei Wochen zuvor in der traditionellen Silvesteransprache bekannt gegeben hatte.

Freiwillig dürfte das nicht gewesen sein, ohnehin ist ein Rücktritt in der dänischen Monarchie völlig unüblich. Doch 2023 musste sich die Königin – gleichzeitig Oberhaupt der lutherischen Kirche in Dänemark – einer Rückenoperation unterziehen. Die Wehwechen nahmen zu. In diesem Zusammenhang gab sie wohl auch ihr großes Laster, das Rauchen, auf. Margrethe II. rauchte Kette, seitdem sie 17 Jahre alt war. Unzählige Bilder zeigen die “Vulkankönigin” mit Zigarette, egal, ob in einem Altenheim oder den Enkelkindern – acht sind es insgesamt – an der Hand. Böse Kommentare störten sie nicht. Auch sonst kümmerte sie sich wenig um Konventionen.

Auch dass sie Königin wurde, entsprach diesen nicht. Frauen waren in Dänemark von der Thronfolge ausgeschlossen. Doch weil ihre Eltern, König Frederik IX. und Königin Ingrid, keinen Sohn hatten, wurde das Thronfolgegesetz im Jahr 1953 geändert. Gibt es keinen männlichen Nachfolger, kann auch eine Tochter Königin werden; Margrethe II. wurde so Dänemarks erste Königin nach 500 Jahren. Wirkliche Gleichstellung – das erste Kind wird unabhängig des Geschlechts Thronfolger – wurde allerdings erst 2009 eingeführt.

Bis Daisy – so der Kosename – am 15. Januar 1972 auf dem Balkon von Schloss Christiansborg ohne Pomp und Krönungsfeierlichkeiten zur Königin ausgerufen wurde, erhielt sie eine vielfältige Ausbildung in Europa. In Kopenhagen studierte sie Philosophie; in Aarhus, an der Pariser Sorbonne und der London School of Economics Staatswissenschaften; in Cambridge Archäologie.

In England lernte sie auch ihren Mann, den französischen Grafen Henri Marie Jean André de Laborde de Monpezat, kennen, der als Sekretär an der französischen Botschaft in London arbeitete. 1967 heirateten sie, und aus dem Katholiken Henry wurde ein Protestant und Prinzgemahl Henrik. Zeitlebens litt er darunter, im Schatten seiner Frau zu stehen, was er auch deutlich machte. Im Jahr vor seinem Tod – 2017 – entschied er, nicht neben seiner Frau in der königlichen Familiengruft beerdigt werden zu wollen. Seit mehr als 500 Jahren ist der Dom von Roskilde die bevorzugte Grablege der dänischen Königsfamilie.

Dennoch verband sie viel – vor allem auch ihre Liebe zur Kunst. Während Prinz Henrik Skulpturen schaffte – etwa für den Park von Schloss Marselisborg -, stickt und malt Königin Magrethe II. Ihre letzte Ausstellung fand in der dänischen Kirche in London statt.

Auch ist sie ein regelmäßiger Gast im Tivoli, dem 1843 eröffneten Vergnügungspark im Herzen Kopenhagens. Dort besucht sie Konzerte, Theater- und Ballettaufführungen. Regelmäßig entwirft sie für diese Bühnenbilder. 2024 gestaltete sie den ikonischen Pfauenvorhang neu.

Magrethe II. ist auch ein echtes Fan-Girl. Das Königshaus schreibt auf seiner Homepage, dass J.R.R. Tolkiens “Herr der Ringe” sie seit den 1970er Jahren fasziniert und zum Zeichnen inspirierte. Unter dem Synonym Ingahild Grathmer schickte sie dem Autor Skizzen. Der hatte eine Illustration seines Werks stets abgelehnt, um die Fantasie seiner Leser nicht zu bremsen. Dennoch hob Tolkien die Zeichnungen der unbekannten Künstlerin auf und erwähnte sie sogar lobend. Mit Erfolg: In der dänischen Ausgabe des Verlags Gyldendal steht bis heute “mit Illustrationen von Ingahild Grathmer”.

Kritik an Magrethe II. wie auch Prinzgemahl Henrik kommt ausgerechnet aus nächster Nähe. Sohn Frederik kritisierte mehrfach Distanz und Lieblosigkeit und sagte 2009 dem US-Magazin “Parade”: “Meine Mutter hat meine Erziehung Kindermädchen überlassen. Bis ich 21 war, hatte ich mit meinen Eltern eigentlich nicht viel zu tun.” Sein Vater fiel einst mit dem denkwürdigen Spruch auf: “Kinder sind wie Hunde und Pferde. Man muss sie dressieren.”

Zumindest öffentlich hat Magrethe II. die Äußerungen ihrem ältesten Sohn nicht krumm genommen. Stattdessen bleibt den Dänen wohl ein Bild in Erinnerung: Am Tag ihrer Abdankung unterschreibt sie diese und übergibt die Papiere Ministerpräsidentin Mette Fredriksen. Dann lädt sie zweimal Kronprinz Frederik, der kurz darauf König Frederik X. wird, ein, auf ihrem Stuhl Platz zu nehmen. Enkel Christian bringt ihr den Gehstock. Auf diesen gestützt und mit Tränen in den Augen verlässt sie den Raum.