Viel gelesen, wenig geachtet: Der erfolgreiche Krimi-Autor Edgar Wallace (1875-1932) hat wenig Anerkennung als Schriftsteller erhalten und „keinen Respekt gegenüber seinen Texten genossen“, kritisierte der Krimi-Experte und Koblenzer Literaturprofessor Stefan Neuhaus im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Seine Werke seien als Massenware gesehen worden, mit denen man beliebig verfahren könne. Dabei sei Edgar Wallace ein origineller Schriftsteller, mit dem sich eine Beschäftigung lohne.
Wallace kam vor 150 Jahren am 1. April 1875 bei London zur Welt und gehört neben Agatha Christie zu den erfolgreichsten Krimi-Schriftstellern. Bei Übersetzungen seien seine Texte stark gekürzt worden, kritisierte Neuhaus. Ganze Episoden und Figuren seien komplett herausgenommen, Ausdruck, Satz, Struktur und vieles andere mehr verändert worden. Die Missachtung hänge auch damit zusammen, dass sich Wallace selbst als „Brot-Autor“ verstanden habe: „Er hat möglichst schnell und viel geschrieben, um möglichst viel Geld damit verdienen zu können.“
Edgar Wallace verfasste mehr als 170 Bücher, zudem Kurzgeschichten, Theaterstücke und Zeitungsartikel. Bekannt wurde er in Deutschland auch durch Kinofilme wie „Der Frosch mit der Maske“, „Der Hexer“oder „Der Zinker“, die von Ende der 1950er bis in die 1970er Jahre von Horst Wendlandt produziert wurden. Wallace starb 1932 in Hollywood, wo er für das Drehbuch für den Film „King Kong“ engagiert war.
Das Problem in der Rezeption sei bis heute, dass Wallace sehr erfolgreich gewesen sei, sagte Neuhaus. Wenn etwas erfolgreich sei, dann könne es, so die allgemeine Einschätzung, nicht ästhetisch wertvoll sein.
Ein Erfolgsrezept bei Wallace sei das „Übertriebene, das sehr unterhaltsam wirkt, zugleich aber auch sehr originell ist“, erläuterte der Literaturprofessor. Seine Texte seien „Trash“ im positiven Sinn: „Dieses Auffallen, das originelle Zusammenstellen von ganz unterschiedlichen Traditionen und Figuren, die dann komplett überzeichnet werden.“ Es gebe eine überbordende Handlung, die trotzdem noch sehr gradlinig funktioniere.
Durch eine einfache Sprache und viele Dialoge spreche Wallace ein großes Publikum an, erklärte Neuhaus. Und durch eine permanente Steigerung von Handlung werde viel Spannung aufgebaut. Dies alles habe viele Autoren beeinflusst. US-Amerikaner wie Ernest Hemingway und William Faulkner hätten den sehr einfachen, dialoghaften Stil für ein Avantgardepublikum kultiviert. In einer solchen Tradition stünden heute noch Autoren wie Christian Kracht, der als einer der ganz Großen der Gegenwartsliteratur gelte.