Die Leiterin des NS-Dokumentationszentrums München, Mirjam Zadoff, ist von einem gezielten Angriff auf ihr Haus überzeugt. „Ich fürchte, er wusste ganz gut, worauf er schoss“, sagte die Historikerin der Süddeutschen Zeitung (Freitag) nach dem Angriff auf ihr Haus und das israelische Generalkonsulat am 5. September. Das NS-Dokumentationszentrum, das für einen offenen Diskurs über Antisemitismus, über Rassismus und für eine liberale Gesellschaft stehe, sei in allen digitalen Routenplanern verzeichnet, teils noch mit dem Zusatz „Braunes Haus“ – so bezeichnete die NSDAP ihre Parteizentrale, die sich einst an der Stelle befand.
Bei der Frage nach den Motiven des 18-Jährigen, der am Jahrestag des Olympia-Attentats mit einem Repetiergewehr das Dokumentationszentrum und das Generalkonsulat angriff, lag das Augenmerk vor allem auf religiösem Extremismus, weniger auf Rechtsextremismus. Zadoff drängte darauf, beide Möglichkeiten zusammenzudenken: „Ich denke, dass Islamismus und Rechtsextremismus kein Widerspruch sind.“ Beide „beziehen ihren Antisemitismus aus den gleichen Quellen“. Extremismusforscher fürchteten schon lange, „dass Rechtsextreme zwar antimuslimisch bleiben, aber es verbindende Elemente gibt: Antisemitismus, Queerfeindlichkeit und Misogynie zum Beispiel. Und dass sie eine offene, liberale Gesellschaft als Feindbild teilen“.
Ihr Haus und ihre Mitarbeiter hätten nach dem Attentat viel Zuspruch und Unterstützung erfahren, auch durch die Politik. Wichtig sei nun, auf das neue Gefährdungspotenzial für Gedenkstätten und Erinnerungsorte zu reagieren: „Das ganze Areal braucht ein gemeinsames Sicherheitskonzept“, so Zadoff. Zudem brauche es eine bessere Prävention: „Wir müssten uns überlegen, wie wir darauf reagieren. Was tun wir dagegen? In den Schulen, in den sozialen Medien, auf Tiktok? Inwiefern können Bildungseinrichtungen wie die unsere ihre Expertise zur Verfügung stellen?“, sagte die Historikerin. (00/2732/13.09.2024)