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Leipziger Konferenz behandelt Medienfreiheit in Europa

Das geplante europäische Medienfreiheitsgesetz European Media Freedom Act (EMFA) bleibt umstritten. Unter anderem in Deutschland stößt es auf Kritik, wie am Donnerstag in Leipzig auf der dritten „Europäischen Public Value Konferenz“ beim MDR deutlich wurde.

In der Diskussion unterstrich die EU-Kommissionsvertreterin Renate Nikolay die Notwendigkeit eines gemeinsamen europäischen Medienfreiheitsgesetzes. „Leider sehen wir besorgniserregende Entwicklungen in mehreren Mitgliedsstaaten der EU, was den Medienpluralismus und die Medienfreiheit angeht“, sagte sie.

Die stellvertretende Generaldirektion für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien der EU-Kommission betonte: „Wir müssen etwas tun, um Europa gemeinsam zu stärken.“ Das geplante EMFA soll nach dem Willen der EU-Kommission Medienfreiheit, Pluralismus und Unabhängigkeit der Medien in der EU garantieren. Es verbietet beispielsweise Behörden, in redaktionelle Entscheidungen einzugreifen.

Nicht alle Länder – darunter auch Deutschland – stehen hinter dem Entwurf. Kritikerinnen und Kritiker sehen zum Teil die Pressefreiheit gefährdet. Zudem gibt es juristische Bedenken. Der Direktor des Mainzer Medieninstitutes, Dieter Dörr, sagte: „Die Europäische Kommission sollte kein Medienrecht betreiben.“

Das Gesetz soll laut Nikolay auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den EU-Ländern stärken. Ziel sei es, Medien und Redaktionen vor staatlicher Einflussnahme zu schützen, damit sie im Sinn des Gemeinwohls agieren können. Mit dem EMFA wolle die Kommission den Medienpluralismus in der EU sichern. Es sei „kein Sanktionsgesetz“. Wichtig sei, sich auf gemeinsame Prinzipien zu einigen.

Hintergrund der Gesetzesinitiative sind Einschränkungen der Medien- und Pressefreiheit, wie sie vor allem in Ungarn und Polen zuletzt durchgesetzt wurden. Die Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz für Medien, Heike Raab (SPD), sieht das Gesetz kritisch: Eine europäische Aufsichtsbehörde könnte das Mediensystem in Deutschland aufweichen, warnte sie.

Der bulgarische Medienexperte Ivo Indzhov begrüßte dagegen den Vorstoß: „Wir brauchen einen starken EU-Druck, um die Medienfreiheit zu sichern“, sagte er. Die Pressefreiheit in Bulgarien sei zwar im Grundgesetz gesichert, aber in der Praxis sei es eher schwierig, diese komplett durchzusetzen. Es brauche daher ein starkes EU-Engagement, um in einem Land wie Bulgarien die Medienfreiheit durchzusetzen.

In der Debatte übte der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes, Ferdinand Kirchhof, Kritik an deutschen Medienschaffenden. Deren „eigene Agenda“ werde immer mehr zur Meinungsmache, sagte Kirchhof. Dies komme „einer Art Selbstentmachtung der Medienfreiheit“ gleich. Es brauche ein Angebot an Argumenten und Fakten in aller Klarheit und Fairness, nicht „eine Bekehrung“. Der Journalist solle kein „Lehrmeister“ sein.

Laut Kirchhof braucht es Medienschaffende „als Übersetzer politisch komplexer Sachverhalte“. Ein Journalist sei eine Art „Dolmetscher“, sagte er. Der Jurist appellierte: „Werden Sie wieder kritisch, werden Sie wieder investigativ.“