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Lebensmittel retten

Brot vom Vortag kaufen, das sonst entsorgt werden würde

Von Yvonne Berlin

Mit der Einschulung meines älteren Sohnes Lukas 2016 begann für mich die bewusste Lebensmittelrettung. Wir wohnen zwei Kilometer von der Schule entfernt und gehen diesen Weg morgens immer zu Fuß. Auf dem Weg von der Schule nach Hause ­kommen wir täglich an kleinen Läden vorbei – darunter ein Gemüse- und Obsthändler und eine Bistro­bäckerei. 

Ich fragte bei beiden, was sie mit den täglich nicht abverkauften frischen Waren machen. Ob sie diese an „die Tafel“ oder ähnliche Initiativen abgeben. Sie verkaufen die Waren vom Vortag sehr, sehr günstig. Wir probierten es daraufhin aus. Nur die großen Einzelhandelsketten würden ihre Mengen an Gebäck, Obst und Gemüse an Initiativen wie „die Tafel“ abgeben – den sehr kleinen Läden bliebe nur das Weg­werfen. 

Bis heute hat sich viel getan, um der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken: In unserer Wohnortnähe gibt es einen sogenannten Fairteiler, eine Art Kühlschrank, aus dem wir uns von anderen gerettete ­Lebensmittel nehmen. In der „Fair­teiler“-Station finden sich ein warmer und ein kalter Kühlschrank. Ältere Obst- und Gemüsereste sowie trockenes Brot werden regelmäßig von ­Lebensmittelretter*innen dort hineingelegt. 

Seit Mai 2013 haben sich bereits mehr als 20000 ehrenamtliche Menschen, die etwas gegen die Lebensmittelverschwendung ­unternehmen wollen, bei der Initiative „Foodsharing“ angemeldet. Sie retten aktiv in mehr als 2700 Betrieben Lebensmittel und bieten diese in den „Fairteilern“ an.

Die Vorteile für mich als Allein­erzieherin: Es ist finanziell sehr viel günstiger und meine Söhne lernen, dass mit kleinen Handlungen etwas bewirkt werden kann. Als ökumenische Christin ist es mir ein Anliegen, aktiv darauf hinzuwirken, dass Menschen sich ermutigt fühlen, in ihrer direkten Nachbarschaft etwas zu tun.

Positiver Nebeneffekt: Wir lernen neue Menschen und ihre Geschichten kennen und erweitern somit den Kreis unserer „familia“. Da sind Verkäufer*innen, Gäst*innen in dem Café, wo wir unsere Brote ab­holen, aber auch Passant*innen, mit denen wir ins Gespräch kommen. Bei den „Fairteilern“ lernen wir die ­Lebensmittelretter*innen mitunter bei einem Tee besser kennen. Und das Schönste ist, dass es Spaß macht und ein wunderbares Gefühl im Herzen hinterlässt. 

Yvonne Berlin (44) engagiert sich bei „Christians for Future“ und lebt in Berlin.