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Lauterbach: Bessere Versorgung bei Hausärzten – Beiträge stabil

Nach Streiks der Hausärzte steht Gesundheitsminister Karl Lauterbach unter Druck. Jetzt hat er sich mit Spitzenvertretern der Mediziner getroffen und über anstehende große Reformen gesprochen.

Patienten sollen in Hausarztpraxen künftig schneller und besser versorgt werden. Dazu will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Bürokratie abbauen und “falsche Anreize bei der Finanzierung” abschaffen, wie er am Dienstagnachmittag nach einem Treffen mit Spitzenvertretern der Ärzteschaft in Berlin ankündigte: “Wir werden sehr viel weniger Patienten in den Hausarztpraxen sehen.” Diese sollten sich künftig intensiver auf die Fälle konzentrieren können, die vor Ort behandelt werden müssen.

Konkret sollen etwa weniger Patienten kommen, um ein Rezept zu verlängern oder eine Krankschreibung abzuholen. Dies könne telefonisch erledigt werden, so der Minister. Durch eine Umstellung der Vergütungspraxis für die Hausärzte will Lauterbach zudem erreichen, dass etwa chronisch kranke Patienten nicht mehr nur deshalb jedes Quartal einbestellt werden, damit Ärzte eine Pauschale für sie bekommen. Dafür soll die Umstellung von einer Quartals- auf eine Jahrespauschale sorgen.

Praxen, die besonders bedeutsam für die Versorgung sind, also viele Patienten behandeln oder Hausbesuche machen, sollen eine Pauschale dafür bekommen, dass sie diese Extra-Leistungen vorhalten.

In den ARD-“Tagesthemen” fügte der Minister am Abend hinzu, dass der Beitragssatz der Krankenversicherung nicht steigen werde. Finanziert werden solle die Reform durch die derzeit steigenden Einnahmen der Krankenkassen bei nahezu konstanten Beitragssätzen: “Das wird im Großen und Ganzen bei Beitragssatzstabilität funktionieren.” Die Kosten bezifferte Lauterbach im “dreistelligen Millionenbereich”. Das größte Problem seien aber nicht die Kosten, sondern der Mangel an Hausärzten.

Lauterbach versprach zudem, noch im Januar einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die Honorarobergrenzen für Hausärzte abgeschafft werden sollen. Dadurch sollen diese künftig für alle erbrachten Leistungen bezahlt werden. Das Vorhaben steht im Koalitionsvertrag der Ampel aus SPD, Grünen und FDP. Hausärzte haben derzeit Budget-Obergrenzen für Behandlungen. Sie kritisieren, dass diese Grenze immer wieder vor Quartalsende erreicht sei und sie danach quasi unbezahlt weiterarbeiten müssten. Für die Kinder- und Jugendmedizin hatte die Koalition bereits eine Entbudgetierung beschlossen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte dazu im Vorfeld des Treffens, diese Entbudgetierung allein sei keine Zauberformel für alle Probleme. “Patientinnen und Patienten brauchen vor allem eine verlässliche und gute ambulante medizinische Versorgung”, sagte Vorstand Eugen Brysch. Bisher fehle eine Qualitätskontrolle. Ärzte hätten nichts davon, wenn sie sich stark engagierten. So würden auch überdurchschnittlich viele Hausbesuche gedeckelt.

Brysch forderte Lauterbach auf, die sogenannte Neupatientenregelung speziell für alte und pflegebedürftige Menschen wieder einzuführen. Eine Neupatientenregelung für alle hatte die Bundesregierung im Herbst 2022 wieder gestrichen. Ihr Ziel war es, finanzielle Anreize für Ärzte zu schaffen, damit neue Patienten schneller einen Termin bekommen.

Lauterbach ergänzte, man werde auch an die Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten nochmals rangehen müssen. Es dauere nach wie vor zu lange, bis Patienten einen Termin beim Facharzt bekommen. Vertreter der Ärzte forderten hingegen, auch über die Abschaffung von Honorarobergrenzen bei Fachärzten nachzudenken.

Ärzte-Organisationen hatten auch mit Blick auf den demografischen Wandel gewarnt, dass immer mehr Hausarztpraxen fehlten, insbesondere in ländlichen Gebieten. Bundesweit gebe es jetzt schon ein Defizit von 5.000 Praxen, so der Hausärzteverband. Zur Untermauerung ihrer Forderung hatten Ärzteverbände bundesweit dazu aufgerufen, Praxen zwischen Weihnachten und Jahreswechsel geschlossen zu halten. Der Virchowbund der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte drohte für 2024 mit noch längeren Praxisschließungen, falls es keine Annäherung gebe. In Deutschland gibt es nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung rund 55.000 Hausärzte.