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Lauterbach lehnt Strafgebühr für ausgefallene Arzttermine ab

Erneut fordern die Kassenärzte Strafzahlungen für unentschuldigt ausgefallene Arzttermine. Der Bundesgesundheitsminister lehnt das ab. Gewerkschaften und Patientenschützer sprechen von einem absurden Vorschlag.

Patienten sollen nach den Vorstellungen von Kassenärzten Strafen zahlen, wenn sie vereinbarte Arzttermine nicht wahrnehmen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) lehnt das ab. “Unser wichtigstes Problem ist nicht, dass Patienten ihre Arzttermine nicht wahrnehmen. Das Problem ist vielmehr, dass Patienten keine Arzttermine bekommen oder sehr lange auf Termine warten müssen”, sagte er am Dienstag in Berlin. “Deshalb brauchen wir eine Termingarantie. Es ist unvorstellbar, dass gerade ärmere Eltern 100 Euro bezahlen, wenn sie einen Arzttermin mit ihrem Kind nicht wahrnehmen können.”

Zuvor hatte das Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, der “Bild” (Dienstag) gesagt: “Es ist nicht mehr zu akzeptieren, dass Patienten Termine verbindlich vereinbaren und diese nicht wahrnehmen. Damit nehmen sie anderen Patienten dringend benötigte Termine weg.” Um Patienten dafür zu sensibilisieren, sei je nach Länge des vorgesehenen Termins ein Ausfallhonorar von bis zu 100 Euro erforderlich.

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, sagte der Zeitung, mittlerweile würden zehn bis 20 Prozent der gebuchten Arzttermine nicht mehr wahrgenommen. Er forderte eine Ausfallgebühr für Patienten “in Höhe von zehn bis 20 Euro, die heutzutage in fast allen Lebensbereichen üblich ist”. Diese sogenannte “No-Show-Gebühr” sollte “von den Krankenkassen zu zahlen sein”, erläuterte Gassen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach von einem absurden Vorschlag. “Wir brauchen keine absurden Vorschläge, die keine Probleme lösen, sondern eine funktionierende, flächendeckende ambulante Versorgung, damit Terminnot erst gar nicht entsteht”, sagte ein Sprecher. “Niemand braucht neue Maßnahmen zu Lasten der Versicherten mit noch mehr Bürokratie. So stellt man alle unter Generalverdacht, Praxen auszunutzen.” In der Realität sollten Praxen, wenn etwas Wichtiges dazwischenkommt, für Patienten besser erreichbar sein. “Wir wissen, dass dies längst nicht überall der Fall ist.”

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, schon heute verlangten Praxen Strafgebühren für ausgefallene Termine. Vorstand Eugen Brysch sprach von “Abzocke”, wenn die Kassenärzte nun von den Krankenversicherungen weiteres Geld forderten. Er forderte, dann müssten auch Ärzte den Patienten und Krankenkassen Ausfallgebühren zahlen, wenn sie Termine absagten. Er verlangte darüber hinaus eine systematische Überprüfung der Präsenzzeiten der Vertragspraxen. “Auch ist sicherzustellen, dass zu dieser Zeit keine Privatpatienten behandelt werden. Schließlich ist die mangelnde Erreichbarkeit für gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten das größte Problem.”

Auch im vergangenen Herbst hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung von den Krankenkassen Strafzahlungen für Patienten gefordert, wenn diese unentschuldigt Termine nicht nutzten.