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Lauterbach gibt Ländern Mitschuld an Krankenhaus-Situation

Anlässlich des bundesweiten Protesttags der Krankenhäuser hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf umfassende Hilfen des Bundes verwiesen. Auch gibt er den Bundesländern eine Mitschuld an den Finanzproblemen von Kliniken.

Sowohl bei den Energie- als auch bei den Personalkosten in der Pflege helfe der Bund mit Milliardenbeträgen, sagte der SPD-Minister am Mittwoch im Morgenmagazin von ARD und ZDF. Die Länder dagegen hätten seit zehn Jahren bei den Investitionskosten zu wenig gezahlt. Am Mittwoch wollten Klinik-Beschäftigte an bundesweit sieben Standorten demonstrieren. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erwartet 25.000 bis 30.000 Teilnehmer, unter anderem am Brandenburger Tor.

Der Minister verwies unter anderem auf schon zugesicherte Hilfen für gestiegene Energiekosten von sechs Milliarden Euro. Noch bis zum Frühjahr 2024 würden 2,5 Milliarden Euro davon ausgezahlt. Auch werde die Bundesregierung die Bezahlung der Pflegekräfte in den Krankenhäusern per Gesetz beschleunigen.

Lauterbach setzt auf eine Entspannung durch die Krankenhausreform ab 2025. Er betonte zugleich, dass es in Deutschland zu viele Krankenhäuser gebe. Insolvenzen seien allerdings nicht das richtige Mittel, um eine funktionsfähige Krankenhauslandschaft zu erhalten. Die Defizite der Krankenhäuser liegen aus Sicht des Ministers in erster Linie daran, dass die Fallzahlen nach der Corona-Pandemie deutlich gesunken sind. Dieser Trend werde anhalten, weil ein immer größerer Anteil von Behandlungen ambulant gemacht werden könne.

Nach einer am Mittwoch in der “Rheinischen Post” veröffentlichten Umfrage der DKG bewerten mittlerweile 68 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser ihre aktuelle wirtschaftliche Situation als schlecht (36 Prozent) oder sehr schlecht (32 Prozent). Nur noch wenige Häuser (4 Prozent) beschreiben sie als gut. Fast die Hälfte der Häuser (48 Prozent) sieht ihre Liquidität bis zum Jahresende 2024 gefährdet.

“Die finanzielle Situation der Krankenhäuser ist dramatisch. Und das Vertrauen in die Politik ist auf einem absoluten Tiefpunkt”, sagte DKG-Chef Gerald Gaß der Zeitung. Ein Grund für die Zuspitzung seien die jüngsten Tarifabschlüsse. Die Krankenhäuser beziffern den Anstieg der Personalkosten für 2024 auf über 10 Prozent. 49 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser erwarten laut Umfrage, ihr Angebot in den nächsten sechs Monaten reduzieren zu müssen, etwa indem sie Betten sperren oder Stationen vorübergehend schließen.

38 Prozent der befragten Allgemeinkrankenhäuser planten bereits konkret, offene Stellen zeitweise nicht mehr zu besetzen, heißt es. Weitere 40 Prozent ziehen das in Betracht. Rund ein Drittel der Allgemeinkrankenhäuser plant aktuell einen Einstellungsstopp, 46 Prozent der Häuser erwägen dies.

“Die Insolvenzzahlen explodieren. Wir haben allein im ersten Halbjahr 2023 fünfmal so viele Insolvenzen wie im gesamten Jahr 2021. Seit Anfang 2023 haben bereits 50 Krankenhausstandorte Insolvenz angemeldet”, sagte Gaß. “Wenn Gesundheitsminister Lauterbach davon spricht, dass seine Reform eine Existenzgarantie für ländliche Krankenhäuser sei, empfinden das sehr viele Verantwortliche nur noch als Hohn. Viele Krankenhäuser werden die Reform überhaupt nicht erleben.”

Der Deutsche Städtetag forderte “Sofortmaßnahmen und schnelles Geld” für die Kliniken. Sie bräuchten einen ausreichenden Inflationsausgleich und die volle Finanzierung der vereinbarten Tarifsteigerungen im Jahr 2024 von rund zehn Prozent, sagte Präsident Markus Lewe (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Auch der Katholische Krankenhausverband Deutschland forderte die Bundesregierung auf, jetzt schnell nachhaltige Finanzhilfen auf den Weg zu bringen und Tarifsteigerungen vollständig zu refinanzieren. Geschäftsführerin Bernadette Rümmelin erklärte, Lauterbach handele verantwortungslos, wenn er den Krankenhäusern weiterhin die kalte Schulter zeige. Gerade für freigemeinnützige Häuser wie beispielsweise die katholischen Kliniken sei die Lage besonders brisant. Ihr Defizit werde in aller Regel nicht von den Kommunen kompensiert.