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Laufen mit Luther: Pastoren gehen mit Gemeinde joggen

In Neu Wulmstorf haben sich zwei Pastoren und ein Lauftrainer zusammengetan, um ein Fitnessprogramm zu entwickeln. Sie wollen körperliches Wohlbefinden mit reformatorischen Thesen kombinieren

Co-Trainer und Pastoren: Helge Scholz und Florian Schneider stehen bereit für den theologischen Lauftreff.
Co-Trainer und Pastoren: Helge Scholz und Florian Schneider stehen bereit für den theologischen Lauftreff.privat

Ein bisschen stolz ist er schon: Obwohl nicht trainiert, hat Pastor Florian Schneider bei einer Laufaktion seiner Gemeinde vor sieben Jahren sogar ein Zertifikat erhalten. Jetzt hat jeder die Gelegenheit, beim Lutherlaufen in Neu Wulmstorf, Kopf und Geist ordentlich durchzupusten.

„Acht Wochen in Bewegung“ heißt ein Programm der Lutherkirche Neu Wulmstorf. Ab dem 12. März bittet der Neu Wulmstorfer Lauftherapeut Ingolf Böhme reformwillige Fitnesseinsteiger in die Fischbeker Heide: Slow Running und Nordic Walking ist dann angesagt. Als Co-Trainer wirken Florian Schneider und Helge Scholz, die Pastoren der Lutherkirche.

Den Körper durch das Laufen reformieren

Das Angebot richtet sich an gesundheitsbewusste Lauf-Anfänger, die mit zielgerichteter Bewegung sinnvoll, sportlich und geistreich aktiv werden wollen. „Wir justieren das Pensum sinnvoll für jeden einzelnen, damit der Leistungsstand immer perfekt zur Gruppe passt“, sagt Schneider.

Schließlich wolle man niemanden überfordern oder unterfordern, sondern allen Altersklassen ideale Trainings- und Geisteseinheiten bieten. „Draußen in der Natur mit viel Spaß im Team. Und dann lernen wir in diesem Spezialkurs auch gleich noch etwas über den Ur-Reformator.“

Dazu soll es an ausgewählten Stationen Input zu Martin Luther geben. Es geht Schneider um das, „was Luther den Menschen heute zu sagen hat“. Er will eine Brücke zur Gegenwart schlagen. „Angesichts des gegenwärtigen Auflebens von Antisemitismus möchte ich etwas zum Komplex ‚Luther und die Juden‘ machen“, sagt Schneider. „Und der Thesenanschlag geht immer.“

Der Glaube liefert die Energie

Nach einer Selbstverständlichkeit klingt die Kombination Luther und Laufen nicht. Bei dem Reformator finden sich zwar Schriften zu vielen Themen, aber mit Aussagen zum Sport ist er nicht gerade aufgefallen – zumal Luther auch nicht gerade als Fitnessfan bekannt ist, seine vielen überlieferten Zitate zum Essen und Trinken zeigen eher, dass er keineswegs ein Kostverächter war.

Ganz so fernliegend findet Schneider die Verbindung zwischen Reformation und körperlicher Fitness aber nicht: „So wie vom Sitzen, Essen und Trinken etwas unförmig gewordene Körper durchs Laufen wieder in Form kommen, so hat Luther die etwas deformierte Kirche des Katholizismus reformiert“, erklärt der Theologe mit einem Augenzwinkern.

„Die Reformation bietet eine gute Gelegenheit, die eigene körperliche Fitness zu hinterfragen und ordentlich nach vorne zu bringen. Laufen steht für ein intensives Körpererleben“, sagt Florian Schneider. „Glaube ist nicht in erster Linie Kopfsache oder Herzensangelegenheit. Er ist etwas, was einem unter die Haut geht oder einem einen heiligen Schauer verursacht, was einen antreibt oder bremst, was Energie liefert und den Flow gibt auf Strecken, die man nicht zu schaffen glaubt.“

Menschen treffen, die keinen Kontakt zum Christentum haben

Der Pastor freut sich auf die Aktion – und vor allem auf die Teilnehmenden, die nicht unbedingt der Kerngemeinde angehören. „Es wird jedes Mal spannend, wenn die kirchliche Käseglocke verlassen wird. Wir treffen beim Laufen auf Menschen, die vielfach gar keinen Kontakt zum Christentum oder gar zu einer Kirchengemeinde haben.“

Beim gemeinsamen Joggen kommt man ins Gespräch. „Ich glaube, dass sich interessante Gespräche ergeben. Wenn man gemeinsam durch die Heide läuft, erdet das auch in puncto Religion und Christentum.“

Info: Gemeinsames Joggen vom 12. März bis 2. Mai jeweils Dienstag und Donnerstag. Treffen am Waldparkplatz am Hogenbrook in Fischbek um 19 Uhr. 70 Euro. Anmeldung unter 0175/561 93 17 oder www.ingolf-boehme.de