„Laudato si, o mio signore“… Seit Jahrzehnten behauptet sich dieses Lied in den Kirchen. Einprägsamer Kehrvers und eingängige Melodie machen den Lobpreis Gottes zu einem gottesdienstlichen Evergreen („Sei gepriesen für Meer und Kontinente“). Jetzt aber fordern viele, der geistliche Gassenhauer müsse verboten werden. Grund: Der Autor der deutschen Version, der verstorbene katholische Priester Winfried Pilz, soll in den 1970er Jahren einen ihm unterstellten („schutzbefohlenen“) jungen Mann sexuell missbraucht haben. Außerdem gibt es Vorwürfe über Anbahnungsversuche gegenüber weiteren Personen.
Also: „Laudato si“ raus aus der Kirche? Gemeinden und Kirchenvorständen tun sich schwer. Vielleicht kann es am Ende auch nicht die eine Lösung für alle geben.
Denn das Thema ist komplex.
Kunstwerk getrennt vom Künstler betrachten?
Natürlich könnte man so tun, als ob einen das alles nichts angeht: „Wir haben das immer schon gesungen. Das Lied steht als Lied für sich, unabhängig von Leben und Verfehlungen des Erschaffers.“ Diese Haltung kann sich auf eine lange Tradition berufen. Denn die Diskussion, ob man ein Kunstwerk getrennt vom Künstler betrachten muss, ist uralt. Wenn man anfängt, die Werke von fehlerhaften Menschen oder kriminellen Tätern ausmerzen zu wollen, kann das sehr weit führen.
Richard Wagners Tiraden gegen jüdische Komponisten. Roman Polanskis Missbrauch einer Minderjährigen. Picassos und Dalis frauenfeindliche Äußerungen. John Waynes rassistische Ausfälle. Und wollte man Martin Luthers Werke wegen seiner Hetzreden gegen Juden und Hexen streichen, müsste man nicht nur das Gesangbuch, sondern auch die protestantische Theologie wohl komplett neu erfinden.
„Laudato si“: Es bleibt ein schaler Beigeschmack
Aber: „Laudato si“ einfach so weitersingen? Da bleibt ein schaler Beigeschmack. Was sollen Betroffene von sexuellen Übergriffen und Missbrauchstaten empfinden, wenn sie im Gottesdienst dieses Lied mitsingen sollen?
Was also tun?