Die Worpsweder Malerin Paula Modersohn-Becker gilt als Wegbereiterin der modernen Malerei in Deutschland. Ihre Arbeiten hängen mittlerweile in so namhaften Häusern wie dem New Yorker Museum of Modern Art. Doch wer weiß schon, dass das Landesmuseum in Hannover nach dem Bremer Paula Modersohn-Becker Museum über die weltweit zweitgrößte Sammlung der Künstlerin (1876-1907) verfügt? Erstmals werden diese Werke nun in ihrer Gesamtheit der Öffentlichkeit präsentiert.
Unter dem Titel „Ich werde noch etwas – Paula Modersohn-Becker in Hannover“ ist die Schau mit 39 Gemälden von Paula Modersohn-Becker von diesem Freitag an und bis zum 25. Februar 2024 zu sehen. „Keiner kennt sie, keiner schätzt sie – das wird anders werden“, hatte Otto Modersohn 1902 prophetisch in seinem Tagebuch notiert. „Mittlerweile gehört Paula Modersohn-Becker zu den bedeutendsten Künstlerinnen und Künstlern aller Zeiten“, sagte am Donnerstag Ausstellungskurator Thomas Andratschke.
Museumsdirektorin Katja Lembke ergänzte: „Malerinnen sind heute gefragt.“ Als Schülerin von Otto Modersohn habe sie begonnen, doch ihren Lehrer und späteren Ehemann habe sie weit überflügelt: „Damit ist sie ein Vorbild für viele Frauen, dass eine schlechte Ausgangsposition trotzdem zum Erfolg führen kann.“ Sozial- und emanzipationsgeschichtlich nehme sie eine herausragende Stellung ein.
Modersohn-Becker gilt als erste deutsche Expressionistin. Sie konzentrierte sich auf blockhafte Figuren und Formen und arbeitete noch vor der Gründung der Künstlergruppen „Brücke“ in Dresden 1905 und „Der Blaue Reiter“ 1908 in München. Und wie: In ihrem kurzen Leben war sie ausgesprochen produktiv und hat allein mehr als 60 Selbstbildnisse geschaffen. „Sie hinterließ ein beeindruckendes Erbe von rund 800 Gemälden und 2.500 Zeichnungen“, bilanzierte das Landesmuseum.
Die Ausstellung beschäftigt sich auch mit der Sammlungsgeschichte, in der unter anderen der hannoversche Mäzen und Kunstsammler Hermann Bahlsen und später weiterhin die Familie des Keksfabrikanten eine wichtige Rolle spielen. Die hannoversche Sammlung sei ein Beweis dafür, dass Werke der Künstlerin in Hannover schon sehr früh entdeckt und intensiv gesammelt worden seien, erklärte das Landesmuseum.
Sie besteche durch international bekannte Hauptwerke wie das „Selbstbildnis mit Hand am Kinn“, aber auch durch eine beeindruckende Themenvielfalt: „Sie umfasst Werke aus dem gesamten Schaffensprozess der Künstlerin: Von Landschaftsbildern über Stillleben und Darstellungen von Frauen und Kindern ist alles vertreten.“
Die Malerin kam 1897 zum ersten Mal nach Worpswede am Rande des Teufelsmoores bei Bremen. Sie war fasziniert von der dortigen Künstlergemeinschaft um Fritz Mackensen, Otto Modersohn und Heinrich Vogeler. Bald schloss sie sich der Gruppe an und erhielt Malunterricht. 1901 heiratete sie Otto Modersohn, die Ehe erfüllte sie jedoch nicht.