Die Landeskirche Braunschweig treibt die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in ihrem Bereich weiter voran. Landesbischof Christoph Meyns sagte am Dienstag in Wolfenbüttel, jeder Fall sei einer zu viel, denn er zerstöre Leben. „Die Kirche aber muss dafür sorgen, dass Menschen vor sexualisierter Gewalt geschützt und Betroffene in den Mittelpunkt gestellt werden.“ Nach Veröffentlichung der ForuM-Studie im Januar hatte der Bischof Betroffene öffentlich ermutigt, sich bei den zuständigen Stellen zu melden. „Wir wollen uns der Verantwortung für geschehenes Leid stellen“, betonte der Landesbischof.
Seitdem haben sich Meyns zufolge zwölf Betroffene neu bei der Landeskirche gemeldet. Konkret ginge es bei diesen Meldungen um Vorfälle aus den Jahren zwischen 1949 und 1998, hieß es. Außerdem sei es in zwei Fällen in jüngerer Vergangenheit um Vorwürfe von Distanzverletzungen gegangen, die zu arbeits- und disziplinarrechtlichen Konsequenzen geführt haben, sagte der Landesbischof. Aktuelle Fälle seien nicht bekannt. Sie würden konsequent Polizei und Staatsanwaltschaft übergeben.
Fünf der Betroffenen haben sich den Angaben zufolge bis jetzt an die Anerkennungskommission von Kirche und Diakonie in Niedersachsen-Bremen gewandt. Diese Kommission entscheidet, in welcher Höhe Anerkennungsleistungen von der Kirche zu zahlen sind. In den genannten Fällen seien den Betroffenen bis zu 50.000 Euro zugesprochen worden. Zum Teil wurden Anträge noch nicht entschieden oder es wurden bisher keine gestellt.
Bei den Beschuldigten handelt es sich nach Angaben der Landeskirche um Personen, die als Pfarrer oder Kirchenmusiker in der Landeskirche gewirkt haben und zumeist verstorben oder hochbetagt und schwer krank sind. Die Fälle betreffen vor allem die Regionen Königslutter, Salzgitter und den Harz.
Meyns räumte ein, von der Kirchenleitung hätten Vorwürfe sexualisierter Gewalt in früher Zeit konsequent verfolgt werden müssen. Stattdessen habe die Leitung in einzelnen Fällen Rücksicht gegenüber Beschuldigten geübt und der Sorge vor einem Ansehensverlust der Kirche Vorrang vor den Belangen der Betroffenen eingeräumt. Dadurch habe die Kirche Schuld auf sich geladen.