Hamburg / Riga. Das Geschichtenmobil des Europäischen Stationenwegs zur Reformation hat am Sonnabend in der lettischen Hauptstadt Riga haltgemacht. Der gut 16 Meter lange Lastwagen, der in ganz Europa Reformationsgeschichten sammelt, wurde von der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs im Namen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und vom Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands, Janis Vanags, auf dem Domplatz begrüßt. Dabei äußerte sich Fehrs auch bestürzt über die Abschaffung der Frauenordination in der von Vanags geführten Kirche.
Das Miteinander in Europa werde derzeit stark gefährdet, sagte Fehrs laut Redemanuskript. Nationalistische und ausgrenzende Töne würden stärker. Doch „der Stationenweg setzt klar ein anderes Zeichen: Uns verbindet mehr, als uns trennt. Vielfalt ist eine Stärke, wenn sie im Geist der Gemeinschaft gelebt wird“, hob die Bischöfin hervor. Im gemeinsamen Glaube an Christus könnten die Kirchen der Reformation „Wegbereiter für ein geeintes und menschliches Europa sein“.
Hoffnung auf Dialog mit lettischer Kirche
Das Reformationsjubiläum werde nicht nur international und europäisch, sondern auch geschwisterlich gefeiert, sagte Fehrs. Auch deshalb habe die Tatsache, dass die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands im Juni 2016 die Frauen vom Pfarramt ausgeschlossen habe, „innerhalb und außerhalb Lettlands große Erschütterung ausgelöst“. Sie hoffe sehr, dass sich die lettische Kirche dem weiteren Dialog nicht verschließe, „der in hohem Interesse des Lutherischen Weltbundes und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa liegt“, sagte Fehrs. Möge sie doch künftig das geistliche Potenzial von Frauen in vollem Umfang nutzen.
Auch Nordkirchen-Landesbischof Gerhard Ulrich, zugleich Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), hat die Abschaffung der Ordination von Frauen scharf kritisiert. Frauen den Zugang zum Pfarramt vorzuenthalten sei eine „Verletzung der Würde und eine nicht akzeptable Einschränkung der Freiheit eines Christenmenschen“, sagte der Theologe am Freitag in Riga.
Gleichberechtigung und christliche Freiheit
Dort diskutierte Ulrich auf einer Konferenz zur „Reformation in der heutigen Welt“ unter anderem mit Erzbischof Vanags, der die Abschaffung der Frauenordination im Juni 2016 betrieben hatte. Mit der Reformation vor 500 Jahren sei wieder deutlich geworden, dass jeder Mensch von Gott seine unantastbare Würde zugesprochen bekommen habe, sagte Ulrich nach Angaben der VELKD. Diese unabhängig von Geschlecht oder Herkunft zugesprochene Freiheit sei die Wurzel von Gleichberechtigung und christlicher Freiheit, die in der Kirche Raum haben müsse.
Die Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands hatte Anfang Juni 2016 in Riga mit Dreiviertel-Mehrheit die Abschaffung der Frauenordination beschlossen. Diese war dort vor vier Jahrzehnten zu Sowjet-Zeiten eingeführt, aber auf Wunsch des konservativen Bischofs Vanags schon seit 1993 nicht mehr praktiziert worden. (epd)