Bei den Medientagen Mitteldeutschland erklärten sich ARD und ZDF mal wieder reformwillig – übten an einzelnen Vorgaben der Politik aber harsche Kritik. Der Rundfunkbeitrag bleibt Zankapfel Nummer 1.
ZDF-Intendant Norbert Himmler hat die Vorgaben der Politik, öffentlich-rechtliche Fernsehsender zusammenzulegen, scharf kritisiert. Aktuell hätten ARD und ZDF in Deutschland eine Reichweite von 80 Prozent. “Schalten wir zu früh ab, sinkt diese Reichweite – gerade in strukturschwachen Gebieten”, sagte Himmler am Mittwoch bei den Medientagen Mitteldeutschland in Leipzig. “Ich halte es für falsch, die Reichweite hinunter zu dimmen.”
Das ZDF werde sich aber “damit abfinden und umstellen”, so Himmler: “Aber wir kompensieren auch bei den jungen Menschen mit den Mediatheken nicht das, was im linearen Fernsehen an Reichweite wegfällt.” Aktuell machten Kanäle wie ZDFneo und ZDFinfo 15 Prozent der Reichweite bei den unter 50-Jährigen aus. “Die Spartenkanäle von ARD und ZDF sind nicht entstanden, weil wir nicht wussten, wohin mit unserem Geld, sondern um spezifische Zielgruppen noch besser zu erreichen.”
Laut dem vergangene Woche von den Ministerpräsidenten der Länder unterschriebenen Reformstaatsvertrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio sollen mehrere Kanäle zusammengelegt werden. Ausgenommen sind nur die beiden Hauptprogramme von ARD und ZDF sowie die dritten Programme der ARD.
Für die Länder sagte der neue Chef der Thüringer Staatskanzlei, Stefan Gruhner (CDU), der öffentlich-rechtliche Rundfunk werde in Ostdeutschland “bis in die Mitte der Gesellschaft hinein” sehr kritisch hinterfragt. “Wer ihn behalten will, muss ihn reformieren.” Beim Reformstaatsvertrag, der jetzt von Landtagen verabschiedet wird und der im Dezember in Kraft treten soll, sei man dabei “auf ziemlich gutem Kurs”.
MDR-Intendant Ralf Ludwig kritisierte allerdings die in diesen neuen Spielregeln vorgesehenen weiteren Einschränkungen im Online-Bereich und die Verschärfungen beim Verbot der Presseähnlichkeit. Wenn die Sender online nicht mehr mit aktuellen Textangeboten schnell auf laufende Ereignisse reagieren könnten, schade das allen Beteiligten und vor allem jungen Zielgruppen: “Das haben der schreckliche Anschlag in Magdeburg und der Einsturz der Carolabrücke in Dresden gezeigt: Da waren wir sofort online dabei, und das ist gerade von jungen Menschen stark nachgefragt worden.”
Umstritten bleibt vor allem die Klage von ARD und ZDF wegen der von den Ländern ausgesetzten Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Die Beitragsdebatte spiele bei der Legitimationsfrage eine große Rolle, sagte Gruhner: “Deshalb gehören Reform und Beitrag ja zusammen.”
Die Karlsruher Klage sei dabei nicht hilfreich. “Die 16 Ministerpräsidenten sind die größten Verteidiger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, deswegen ist es nicht gut, wenn sich Länder und Anstalten jetzt in Karlsruhe als Gegner begegnen”, sagte Gruhner. Man müsse viel stärker im Konsens unterwegs sein: “Wenn wir jetzt nicht zu Ergebnissen kommen, wird es noch schwieriger – die Situation in den ostdeutschen Landtagen ist bekannt.”
ARD und ZDF hätten sich die Entscheidung, nach Karlsruhe zu gehen, nicht leicht gemacht, erklärte MDR-Chef Ludwig: “Wenn die Politik mitten in einem laufenden Fußballspiel beschließt, die Regeln zu ändern, ist das schwierig”.