Der 75-jährige Schweizer hat sich als langjähriger vatikanischer Ökumene-Minister und Kurienkardinal vielfältige Verdienste erworben. Auf dem diplomatischen Parkett fühlt er sich weitgehend sicher.
Von den Kardinälen, die im Vatikan bis zum Tod von Papst Franziskus eine Behörde leiteten, war Kurt Koch (75) der letzte, der noch von Benedikt XVI. ernannt wurde. Auch war er bis dato der einzige deutschsprachige Präfekt der römischen Kurie.
Der Schweizer leitete seit 2010 die vatikanische Ökumene-Behörde. Franziskus war er in seiner gesamten Amtszeit ein wertvoller und loyaler Mitarbeiter, der sich auf dem Parkett der Ökumene mit großem theologischem Wissen und diplomatischem Geschick zu bewegen verstand. Mehrmals begleitete Koch Franziskus auch auf teils heiklen Auslandsreisen, so etwa beim historischen Treffen mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. 2016 in Havanna/Kuba.
Koch wurde am 15. März 1950 in Emmenbrücke im Kanton Luzern geboren. Er studierte Theologie in München und Luzern. Nach seiner Priesterweihe 1982 wirkte er als Seelsorger und Theologe. 1989 wurde er Honorarprofessor der Universität Luzern.
1995 wurde Koch vom Domkapitel zum Bischof von Basel gewählt. Die Bischofsweihe spendete ihm Papst Johannes Paul II. persönlich; sein Wahlspruch lautet: “Christus hat in allem den Vorrang”. Von 2007 bis 2009 war Koch Vorsitzender der Schweizer Bischofskonferenz. 2010 dann ernannte ihn Benedikt XVI. zum Leiter der vatikanischen Ökumene-Behörde und machte ihn zum Kardinal.
Was den in seinen Ansichten durchaus konservativen Koch auszeichnet: Er verbindet seine theologisch fundierten Positionen mit sanften Tönen in der Rede und sucht auch bei unterschiedlichen Standpunkten den Dialog. Koch war mit seiner theologischen Expertise und seinem weit verzweigten Netz aus Dialogpartnern in anderen christlichen Kirchen und Konfessionen sowie im Judentum über all die Jahre eine sichere Bank für den Papst.
Kochs Herzensanliegen ist auch ein Dauerbrenner der Ökumene: Er will die bereits von Johannes Paul II. vor 30 Jahren mit der Enzyklika “Ut unum sint” angestoßene Reform des Papstamtes endlich voranbringen. In seiner auch in anderen Kirchen viel beachteten Bestandsaufnahme mit dem Titel “Der Bischof von Rom” legte er 2024 dar, dass schon heute eine Form des päpstlichen Primats möglich sei, die als ein “Dienstamt der Einheit” auch für viele andere christliche Kirchen und Gemeinschaften akzeptabel wäre.
Weil Franziskus sein Amt immer als das des “Bischofs von Rom” begriff, zogen der Papst aus Argentinien und der Kardinal aus der Schweiz bei diesem wichtigen Vorhaben an einem Strang. Überraschenderweise wurde dieses Anliegen von den Ostkirchen bislang aber kaum aufgegriffen; von den Kirchen der reformatorischen Tradition ohnehin nicht.
Mehr oder weniger subtile Kritik an den Kirchen der reformatorischen Tradition übte Koch in den vergangenen Jahren auch aus einem anderen Grund. Er drängte darauf, sich in der Ökumene intensiver der Frage nach dem Ziel der Ökumene zu stellen. Mit den Kirchen des Ostens habe man ein gemeinsames Ziel: die Einheit wiederzufinden im gemeinsamen Glauben, in den Sakramenten und in den kirchlichen Ämtern. Die Kirchen, die aus den Reformationen hervorgegangen sind, hätten da weniger verbindliche Vorstellungen.
Nicht ganz so unumstritten wie seine Zeit als Kurienleiter verlief Kochs Zeit als Bischof von Basel, die öffentlich etwa durch den langjährigen Konflikt mit einem aufmüpfigen Pfarrer geprägt war. 2023 holte den Kardinal dann auch das Thema Missbrauch ein. Nach Erscheinen der Schweizer Missbrauchsstudie räumte Koch Fehler ein, weil er entsprechende Vorwürfe gegen einen Priester weder der Polizei noch dem Vatikan meldete.
2022 gab es große Aufregung, als Koch in einem Interview Kritik am deutschen Synodalen Weg äußerte – mit einem missverständlichen Vergleich. Es irritiere ihn, wenn nun neben den anerkannten Quellen des katholischen Glaubens auch neue Erkenntnisse hinzugezogen werden sollten, um die Lehre anzupassen, sagte Koch. “Denn diese Erscheinung hat es bereits während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die sogenannten Deutschen Christen Gottes neue Offenbarung in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben.”