Von außen grüßt bunte Graffiti, über der Halle leuchtet ein blaues Schild mit den Buchstaben KFZ. Doch keine Autowerkstatt findet sich hier zwischen Bahngleisen und Radolfzeller Altstadt, sondern ein neuer Kunstraum, die drei Buchstaben KFZ werden kurzerhand zu „Kunst für Zukunft“. So nennen die Kunstschaffenden Ana Baumgart und Daniel Franz aus Berlin ihr Projekt.
Blau und Rot sind die dominierenden Farben der Plakate. „K wie Kunst“ lautet das Logo der Ausstellung, das sich überall in Radolfzell breit macht. Ein kommerzielles Projekt? Eher eine Investition in die Zukunft, erklären Kunstervermittlerin und Kuratorin Ana Baumgart (37) und ihr Ehemann Daniel Franz, 43, der Kreativproducer in der Filmbranche ist. Beide stammen aus der südbadischen Provinz, aus Steißlingen und Radolfzell-Böhringen.
Von hier wollten sie weg. Seit über 15 Jahren sind sie in Berlin, gründeten dort vor zwölf Jahren den Verein „Raum für drastische Maßnahmen“. Dort können Künstlerinnen und Künstler ihre Arbeiten präsentieren, mit dem Ziel, die Kunst stärker in die Gesellschaft zu bringen, den Gedankenaustausch zu fördern und Gespräche anzuregen.
Die Location dient dabei als Türöffner. Auch in Radolfzell. Viele kommen sicherlich, um die frühere Autowerkstatt Salamone zu sehen, untergebracht war sie in einer Halle neben den Bahngleisen. „Wenn sie dabei über Kunst stolpern, ist das erwünscht“, so die Initiatoren, die in Radolfzell 14 Künstlerinnen und Künstler präsentieren. Nebenan steht noch eine der massiven Güterhallen aus Holz, alle anderen DB-Hallen sind bereits abgerissen. Diese wird nun ins Kunstprojekt einbezogen.
Seit Anfang September sind Baumgart und Franz in Radolfzell, um den neuen Kunstraum vorzubereiten. Während die äußeren Wände bereits mit der Graffiti-Kunst der gebürtigen Stuttgarterin Fatin Rahmouni gestaltet wurden, wird im Inneren noch aufgebaut.
In der früheren Meisterkanzel, die über der KfZ-Halle thront, wird eine Audio-Installation zu hören sein. Künstlerin Anaïs Edely aus Frankreich interviewte dazu Jäger und Jägerinnen im Bodenseeraum auf dem Hochstand. Mit diesen speziellen Orten hatte sie schon Erfahrung: Zwischen Berlin und Leipzig besuchte sie bereits etliche der Unterstände, allerdings nicht für Interviews, sondern um sich darin im Eva-Kostüm abzulichten und jeweils einen der Abzüge handsigniert zu hinterlassen.
Ein anderes Projekt von Barbara Proschak und Johanna Saxen mit gesammelten historischen Familienfotos soll sich während der Ausstellungszeit verändern: Jede Besucherin und jeder Besucher darf ein Foto als Souvenir mitnehmen, sofern sie stattdessen einen kleinen Text oder zumindest ein prägnantes Wort hinterlassen. Das soll dann wieder ein Bild im Kopf entstehen lassen, wie Baumgart erklärt. Zur Finissage könnte daraus eine Lesung entstehen.