Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) hat die von ihm zu Jahresbeginn eingeführte, umstrittene Antisemitismus-Klausel für Kulturförderung verteidigt. “Es geht nicht um Gesinnungsprüfung”,sagte er der Berliner Zeitung (Mittwoch). “Es geht bei der Antidiskriminierungsklausel um viel mehr. Die Kultur beschreibt sich als Ort des Dialogs, der Verhandlung, der Reibung. Aber all das war doch nicht erlebbar. Stattdessen Schweigen.”
Weiter sagte er: “Und hinter vorgehaltener Hand heißt es, dass man nicht alles sagen kann, weil man sonst einen Shitstorm erlebt. Ist das der Zustand, den wir in der Berliner Kulturwelt haben wollen?” Er wolle es nicht. “Ich weiß, es gibt Ängste, die da lauten: Können wir dann überhaupt noch Israels Politik kritisieren, solche Streitgespräche gehören ja auch zu einer Demokratie. Und ich sage: Ja, natürlich! Aber die rote Linie ist überschritten, wenn das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird. Das ist unvereinbar mit der Geschichte dieses Landes und vor allem dieser Stadt.”
Kultur sei dazu da, offen über die Konfliktlinien zu sprechen. “Wenn Menschen mich fragen, ob sie Israels Politik überhaupt noch kritisieren dürfen, sage ich ihnen: nach Herzenslust”, so Chialo. “Sie dürfen Israels Politik kritisieren, sie dürfen Netanjahu kritisieren. Das ist eine Errungenschaft unserer Demokratie. Ich tue das übrigens auch in Teilen.” Ihm gehe es um etwas anderes: “Wir hier in Berlin mit unserer Geschichte müssen sicherstellen, dass Steuermittel nicht missbräuchlich eingesetzt werden. Die Kunst ist frei, die Kulturförderung jedoch nicht regellos.” Die Einführung der Klausel sei kein Schlusspunkt, sondern der Auftakt zu einem Diskurs über Antidiskriminierung im Kulturbetrieb.