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Künftiger Bischof Krämer hält befristete Amtszeit für möglich

Wie werden katholische Bischöfe gewählt und für wie lange? Der neu ernannte Rottenburger Bischof spricht sich für eine Befristung und ein anderes Wahlsystem aus. Missbrauchsaufarbeitung sieht er als “Chefsache” an.

Der künftige Bischof des Bistums Rottenburg-Stuttgart, Klaus Krämer, kann sich eine Begrenzung der Amtszeit vorstellen. “Ich würde nicht ausschließen, dass man über eine zeitliche Befristung des Bischofsamts und über eine frühere Altersgrenze für Diözesanbischöfe nachdenkt”, sagte Krämer (60) in einem am Dienstag verbreiteten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Bisher müssen katholische Bischöfe laut Kirchenrecht erst mit 75 Jahren dem Papst ihren Rücktritt anbieten.

Die kürzlich beendete Weltsynode im Vatikan hatte vorgeschlagen, dass Bischöfe eine Art Arbeitszeugnis bekommen. Es soll in Zusammenarbeit mit Gremien und Gläubigen regelmäßig verfasst und nach Rom übermittelt werden. “Ich halte es schon für sinnvoll, nach einer gewissen Amtszeit innezuhalten und zu fragen, ob es noch weitergehen sollte oder nicht”, sagte Krämer.

Im Ordensbereich gebe es bereits Lösungen, wonach Führungsämter auf Zeit vergeben würden – und zwar per Vertrauensabstimmungen. “Es gibt also Modelle, wie auch hohe Leitungsämter auf den Prüfstand gestellt werden”, sagte Krämer. Gerade aus dem Ordensbereich könne man sich Anregungen für die diözesanen Verhältnisse holen.

Aus der Weltsynode kam auch die Forderung, Laien stärker an der Auswahl eines neuen Bischofs zu beteiligen. Krämer sagte dazu: “Das gesamte System der Auswahl der Bischöfe ist zu überdenken. Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern ist das drängend.” Er würde auch nicht ausschließen, dass Laien zusammen mit den Domkapitularen den Bischof wählen. “Das Wahlsystem muss jedenfalls zu geeigneten, kompetenten und von den Gläubigen akzeptierten Kandidaten führen. Es dürfen jedoch keine Wahlkämpfe oder Machtkämpfe ausgetragen werden”, betonte er und fügte hinzu: “Es ist nicht leicht, ein neues System zu entwickeln, aber sehr notwendig.”

Krämer war am 2. Oktober von Papst Franziskus zum Bischof des Bistums Rottenburg-Stuttgart ernannt worden. Er wird am 1. Dezember im Rottenburger Dom zum Bischof geweiht und ins Amt eingeführt. Krämer folgt auf Gebhard Fürst, der seit 2000 als Rottenburger Bischof amtierte und im Dezember 2023 im Alter von 75 Jahren zurückgetreten war.

Krämer hält ein Diakonat von Frauen nicht für ausgeschlossen. Durch die kürzlich beendete Weltsynode im Vatikan sei “eine Tür für Fragen geöffnet worden, die viele schon für abgeschlossen hielten”, sagte Krämer. “Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass es da keine Denkverbote oder Redeverbote gibt”, betonte Krämer und fügte hinzu: “Das gilt aus meiner Sicht in besonderer Weise auch für die Frage der Zulassungsbedingungen für Frauen zu den kirchlichen Ämtern.”

Die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs will Krämer mit hoher Priorität angehen. “Wie bei meinem Vorgänger ist das Thema Missbrauchsaufarbeitung auch für mich Chefsache”, sagte er. Sein Vorgänger Bischof Fürst habe schon im Jahr 2002 die “Kommission sexueller Missbrauch” in der Diözese Rottenburg-Stuttgart eingeführt. “Damit war die Möglichkeit nicht mehr gegeben, Dinge zu vertuschen”, betonte Krämer.

Ein schlechtes Zeugnis hatte die seit 2022 arbeitende Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Diözese Rottenburg-Stuttgart dem Bistum für die Zeit bis in die 1990er Jahre ausgestellt. “Verschleierung war ein Dauerzustand”, heißt es darin. Erstmals in den Fokus geriet der heute 91-jährige Kardinal Walter Kasper, der von 1989 bis 1999 Bischof in Rottenburg war.

Krämer sagte dazu: “Bisher liegen Zwischenberichte der Kommission vor, die nur blitzlichtartig Dinge beleuchten können. Abzuwarten ist der in zwei Jahren erscheinende Abschlussbericht, der eine qualifizierte Sicht auf die Amtszeit von Kardinal Kasper als Rottenburger Bischof zulässt.” Krämer, der von 1994 bis 1997 Sekretär des damaligen Bischofs Kasper war, sagte: “Ich habe Kardinal Kasper immer als sehr verantwortungsvoll agierenden Bischof erlebt, war aber mit diesen Fragen als Sekretär selber nicht unmittelbar befasst.”