Die Landesbischöfin der evangelischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, fordert nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der ForuM-Missbrauchsstudie eine genaue und zeitnahe Analyse der Ergebnisse für die Nordkirche. „Nach allem, was ich am Tag der Präsentation der Studie wahrnehmen konnte, bedeutet das, dass wir uns offen, ehrlich und konsequent mit schmerzhaften Wahrheiten auseinandersetzen müssen“, erklärte Kühnbaum-Schmidt gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd). Alle Erkenntnisse müssen ihrer Ansicht nach auch Eingang in den laufenden Zukunftsprozess ihrer Landeskirche haben, „weil unser Kirche-Sein, unsere Kultur im Umgang miteinander und unsere Strukturen fundamental betroffen sind“.
Dass kirchliche Schutz- und Vertrauensräume zu Orten werden konnten, an denen Kinder, Jugendliche und Erwachsene sexualisierte Gewalt erlitten haben, „muss dazu führen, die Funktion dieser Räume und unseren Umgang damit genau anzusehen und zu hinterfragen“, befand Kühnbaum Schmidt.
Außerdem müsse der Umgang mit Akten hinterfragt werden. Hier dürfe in keinem Fall der Schutz der Institution im Mittelpunkt stehen, wie es offensichtlich bis zur Mitte der 1990er Jahre gewesen sei. „In allem, was wir tun, müssen betroffene Personen, ihre Erfahrungen und Perspektiven und das, was sie brauchen und für sinnvoll erachten, im Mittelpunkt stehen“, betonte die Nordkirchen-Landesbischöfin. Leitend würden dabei die Ergebnisse des Beteiligtenforums der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur ForuM-Studie sein.
Das Thema sexualisierte Gewalt begleite Kühnbaum-Schmidt seit Langem, „zum Beispiel in meiner früheren Beratungstätigkeit als Pastoralpsychologin“. Zudem spiele es eine selbstverständliche Rolle bei allen Leitungsentscheidungen innerhalb der Nordkirchen. „Ich sehe, dass wir in der Kirche insgesamt noch sprachfähiger werden müssen zu den Themen Sexualität, Gewalt, Macht und Geschlecht und deren kritischer theologischer Reflexion.“
Aus dem Bereich der Nordkirche sind im Meldeverfahren für das sogenannte „Teilprojekt E“ der ForuM-Studie 182 Fragebögen an den Forschungsverbund übermittelt worden. Davon waren 58 Datenblätter zu Beschuldigten bzw. Tätern (sogenannte „S-Bögen“) und weitere 124 Datenblätter zu Betroffenen (sogenannte „A-Bögen“), teilte die Nordkirche mit. Die recherchierten 58 Beschuldigten bzw. Täter im Bereich der Nordkirche sind demnach alle männlich, 33 von ihnen waren Pastoren. Als größere Tatkomplexe würden Ahrensburg mit zwei Pastoren als Tätern und 24 Betroffenen sowie die Kita Schnelsen (Hamburg) mit einem Erzieher als Täter und 17 Betroffenen gelten, hieß es.