Montenegro will bis 2028 der EU beitreten. Eine neue Regierung könnte bisherige Erfolge bei der Annäherung jedoch gefährden: Ihr gehören Russland-Unterstützer und serbische Nationalisten an.
Die Regierungsumbildung in Montenegro sorgt für Unmut unter Experten und der Opposition. Auf Vorschlag von Ministerpräsident Milojko Spajic nahm das Parlament am Dienstag mehrere russland- und serbienfreundliche Parteien in die Regierungskoalition auf. “Dem Premierminister geht es offensichtlich nur um den Machterhalt, selbst wenn dies bedeutet, Montenegro in die Hände böswilliger Akteure zu legen”, sagte die Politikwissenschaftlerin Daliborka Uljarevic in Podgorica der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Neben der “Bosniakischen Partei” gingen mehrere Ministerposten auch an die prorussische “Neue Serbische Demokratie”. Deren Anführer, Parlamentspräsident Andrija Mandic, wird eine enge Verbindung zu Moskau nachgesagt. Örtlichen Medienberichten zufolge fordert der neue Regierungspartner einen Austritt aus der NATO und die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland. Bisher unterstützten die Koalitionsparteien Spajics pro-europäische Bewegung “Europa Jetzt!” in einer losen Regierungsallianz.
Der Ministerpräsident des EU-Beitrittskandidatenlandes bezeichnete sein neues Kabinett als Stabilitätsfaktor und Sinnbild für die Zusammenarbeit der Volksgruppen: “Wir werden ein Leuchtfeuer für die ganze Balkan-Region sein.” Doch einigen Beobachtern bereitet die Einbeziehung serbischer Nationalisten Sorge: “Ihre Regierungsbeteiligung wird es ihnen ermöglichen, Identitätsfragen anzusprechen”, so Sofija Popovic, Analystin des Portals “European Western Balkans”, gegenüber KNA. “Ich erwarte jedenfalls, dass sie den Statuts der serbischen Sprache in Montenegro oder die Frage der doppelten Staatsbürgerschaft zum Thema machen, was Raum für neue Spannungen schaffen könnte.”
Damir Sehovic, Oppositionspolitiker der “Sozialdemokraten Montenegros”, nennt die Zusammensetzung der neuen Regierung laut Medien “inakzeptabel”. Ihm zufolge stehen damit die Beziehungen zu den regionalen Nachbarn Kroatien und Bosnien-Herzegowina auf dem Spiel.
Kritik herrscht darüber hinaus über die Größe des neuen Kabinetts. “Die Tatsache, dass es in einem Land mit rund 600.000 Einwohnern so viele Ministerien gibt, deutet darauf hin, dass es hier lediglich um politisches Feilschen und Parteiinteressen geht”, so Balkanexpertin Popovic.