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Krieg im Sudan – Wenig Hoffnung auf Frieden

Millionen Menschen im Sudan benötigen zum Überleben dringend Nahrungsmittel, medizinische Versorgung und vor allem Schutz. Doch die Lage droht zwei Jahre nach Kriegsbeginn weiter zu eskalieren.

Über den Krieg im Sudan gibt es nur wenig Informationen. Dabei spielt sich in dem nordafrikanischen Land eine humanitäre Katastrophe ab. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet Fragen zur aktuellen Situation und Ursache des Krieges, der am 15. April 2023 begann.

Nach Einschätzung der Vereinten Nationen handelt es sich um eine der schlimmsten humanitären Krisen des 21. Jahrhunderts. Die Kämpfe zwischen den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) und der sudanesischen Armee halten an. Letztere hatte Ende März eigenen Angaben zufolge die Kontrolle über die Hauptstadt Khartum wiedererlangt. Nur wenigen Tage zuvor soll sie laut Berichten aber auch bei Luftangriffen auf einen Markt im Dorf Tora in Nord-Darfur Hunderte Zivilisten getötet und verletzt haben. Sudanesischen Medien zufolge ist dort auch die RSF an Kämpfen beteiligt und tötete vergangene Woche mindestens 15 Menschen. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht.

Seit Kriegsbeginn sind Schätzungen zufolge mindestens 150.000 Menschen ums Leben gekommen. Genaue Zahlen gibt es nicht. Laut Internationaler Organisation für Migration (IOM) sind mehr als 11,3 Millionen im eigenen Land vertrieben. Mehr als 3,8 Millionen Menschen flüchteten in die Nachbarländer. Nach Angaben des UN-Welternährungsprogramms ist etwa die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung – 25 Millionen Menschen – von extremem Hunger betroffen. Etwa fünf Millionen Kinder und Mütter leiden demnach an akuter Unterernährung.

Amnesty International hat sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen dokumentiert. Die mutmaßlichen Täter: Milizen der RSF. Nach Einschätzung der Organisation setzen sie Vergewaltigungen, Gruppenvergewaltigungen und Versklavung bewusst ein, um Gemeinschaften zu demütigen, zu kontrollieren und zu vertreiben. Die Taten seien Kriegsverbrechen und mutmaßlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Andere Menschenrechtsorganisationen erheben gegen beide Kriegsparteien schwere Vorwürfe.

Verschiedene Konfliktlinien gibt es seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1956. Bis 2005 erlebte das Land mit einer Pause von elf Jahren zwei Bürgerkriege. Der zweite führte zur Spaltung des einstmals größten afrikanischen Flächenstaates. Aus dem christlich geprägten Süden wurde 2011 der – ebenfalls krisengebeutelte – Südsudan. Ein weiterer Konflikt begann Ende der 1980er Jahre in der Region Darfur im Westen des Landes. Die Spannungen zwischen verschiedenen Ethnien sowie Hirten und sesshaften Bauern eskalierten 2003. Die Regierung in Khartum stellte eine Reitermiliz auf; bei Angriffen starben Zehntausende oder flüchteten ins Nachbarland Tschad. Trotz Waffenstillstand kam es zu Massakern, Vertreibung und Zerstörung von Eigentum. Aus der Reitermiliz ging später die RSF hervor.

Im April 2019 gab es zunächst Hoffnung. Der vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchte Langzeitdiktator Omar al-Baschir wurde gestürzt. Doch wenig später machten eine schwächelnde Wirtschaft, Proteste und der Konflikt zwischen Armee und RSF den Sudan wieder zum Pulverfass. Es gelang nicht, die Paramilitärs in die reguläre Armee zu integrieren. Stattdessen eskalierte der Konflikt zwischen Armeechef Abdel Fattah Al-Burhan und seinem ehemaligen Vize, dem heutigen RSF-Kommandeur Mohamed Hamdan Dagalo.

Der Krieg ist mehr als nur ein Machtkampf zwischen zwei Männern. Nachbarstaaten haben seit Kriegsbeginn mehr als 3,8 Millionen Menschen aus dem Sudan aufgenommen. Länder wie der Tschad und Südsudan gehören selbst zu den ärmsten der Welt und sind von Krisen gezeichnet. Dazu kommen Mittelkürzungen: Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte bis Ende Februar lediglich 14 Prozent der 409,1 Millionen US-Dollar erhalten, um im Jahr 2025 Flüchtlinge und Vertriebene im Tschad zu unterstützen.

Im Ranking der am stärksten vernachlässigten Flüchtlingskrisen des Norwegischen Flüchtlingsrats belegte Sudan 2023 Platz zehn. Laut Organisation waren diplomatische Bemühungen unkoordiniert und wurden nicht priorisiert. Auch habe der UN-Sicherheitsrat bei eklatanten Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht geschwiegen. Darüber hinaus haben Journalisten kaum eine Möglichkeit, aus dem Sudan zu berichten: Kriegsparteien verhinderten unabhängige Berichterstattung mit großer Brutalität, so Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen. Auch seien seit Kriegsbeginn mindestens sieben Medienschaffende getötet worden.

Erste Gespräche hatte es bereits wenige Wochen nach Kriegsausbruch gegeben. Diese wie auch Gespräche in Genf im August 2024 blieben jedoch ohne nennenswerte Ergebnisse. Vertreter der Armee waren gar nicht erst erschienen. Die RSF schickten nur eine kleine Delegation. Die sudanesischen Streitkräfte bewerten zwar die Rückeroberung von Khartum als zentral. Beobachtern zufolge reicht das jedoch nicht aus, um genug Druck auf die RSF auszuüben. Zu ihren Unterstützern gehören etwa die Vereinigten Arabischen Emirate. Diese beliefern die Paramilitärs auch mit Waffen, kritisiert der Sudan.