Von Binge-Eating bis Magersucht: In Deutschland sind immer mehr Menschen von einer Essstörung betroffen. Das gilt besonders für junge Mädchen. Ein Grund sind laut Krankenkasse KKH soziale Medien.
Die Fallzahl von Essstörungen ist laut Hochrechnungen der Krankenkasse KKH in Deutschland gestiegen – besonders bei Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren. Bei ihnen wurde im Auswertungszeitraum 2019 bis 2023 ein Anstieg von fast 50 Prozent verzeichnet, wie die Kasse am Montag in Hannover mitteilte. Von Binge-Eating, also dem Verlust von Kontrolle über das Essverhalten, Magersucht oder Bulimie seien 2019 noch 101 von 10.000 Versicherten dieser Gruppe betroffen gewesen – 2023 dann 150. Im gleichen Zeitraum habe der bundesweite Anstieg hochgerechnet neun Prozent betragen, bei zuletzt rund 460.000 Fällen.
Verantwortlich sind laut KKH unter anderem Soziale Medien. In beinahe zahllosen Videos erzählten schlanke Frauen von ihrem Weg zum Idealkörper, mit Tipps für Ernährung oder Sport. Zudem würden Schönheitsmakel online immer wieder angeprangert. Das setze junge Frauen unter Druck. Ihnen werde das Gefühl vermittelt, nie gut genug zu sein. “Je intensiver die Nutzung sozialer Medien ist, desto größer ist auch das Risiko für eine Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und damit verbundene Essstörungen”, erklärte KKH-Psychologin Franziska Klemm. Jungen sind laut Kasse weniger betroffen. Bei ihnen habe die Zahl der Essstörungen zwischen 2019 und 2023 nahezu stagniert.
Mädchen würden durch Online-Videos besonders angesprochen. Vielen Heranwachsenden sei nicht bewusst, dass das Leben in Sozialen Medien in der Regel inszeniert und oft nicht alltagstauglich sei. Außerdem wirkten Personen in Sozialen Netzwerken besonders nahbar. “Das erweckt den Eindruck, als sei es durchaus möglich, denselben Lifestyle zu leben wie viele Influencer:innen”, so die Krankenkasse.
Aufklärung allein hilft gegen das Problem nicht, erklärte Klemm. “Wirksamer ist es, in der Prävention den Fokus auf die Förderung eines positiven Selbstbildes zu legen.” Jugendliche könnten selbst bereits viel tun. “Wichtig ist, sich der Diskrepanz zwischen geschönten Online-Darstellungen und der Realität bewusst zu werden. Ganz konkret heißt das, rauszugehen und zu schauen, wie die Menschen wirklich sind.” Jugendliche könnten ihre Zeit in Sozialen Netzwerken reduzieren oder nur noch Influencern folgen, die ihnen guttäten. Zudem könne gegenseitige Unterstützung hilfreich sein, etwa durch bewusste Komplimente im Freundeskreis.