Was möchten Sie als Friedensbote bewirken?
Konstantin Wecker: Ich möchte den Menschen Mut machen, wieder das Hoffen zu lernen und nicht zu verzweifeln angesichts von Krieg, Massakern und der Logik des Terrors, der die Zivilbevölkerungen zu Geiseln einer militaristischen Logik des Tötens macht. Trotz dieser schrecklichen Zeiten werde ich mir meine Hoffnung auf eine herrschaftsfreie, friedlichere und gerechtere Welt für alle Menschen nicht zerstören lassen. Es ist die einzige Perspektive für das Überleben der Menschheit angesichts von Kriegen und Klimawandel.
Ich möchte also Mut machen zum Beispiel mit dem berühmten Antikriegslied „Es ist an der Zeit“ unseres Freundes Hannes Wader, das ich gemeinsam mit Reinhard Mey im Sommer neu aufgenommen habe. Die Single erscheint am 10. November. Das Lied ist die von Hannes Wader getextete und gesungene Version von Eric Bogles „No Man’s Land“. Für unser Engagement für eine gerechtere und friedlichere Welt brauchen wir Empathie mit den betroffenen Menschen von Terror und Krieg: Ich fühle mit den Angehörigen der von der Hamas ermordeten, gefolterten, vergewaltigten und entführten Kinder, Jugendlichen, Frauen, Alten und Männer. Mit den ermordeten Festivalgästen, den Menschen aus den überfallenen Kibbuzim, den Antibesatzungs-Aktivistinnen und -aktivisten, die in den überfallenen Dörfern hingerichtet oder entführt wurden.
Und ich fühle mit den palästinensischen Kindern, Frauen und Männern in Gaza, die hilflos dem Terror der Hamas und der Kriegsführung der in Teilen rechtsextremen israelischen Regierung ausgeliefert sind.
Was verbinden Sie mit der Losung der Friedensdekade 2023 „sicher nicht – oder?“
Als Pazifist begleitet mich die Forderung der internationalen Friedensbewegung „Schwerter zu Pflugscharen“ seit dem „Kalten Krieg“, also schon seit Jahrzehnten. Das verbindet mich auch mit der Friedensbewegung damals in der DDR und in der BRD. Und die Forderung ist das Motto der Ökumenischen Friedensdekade. Deshalb engagiere ich mich gerne als Friedensbote: Das aktuelle Motto „Sicher nicht – oder?“ bedeutet für mich, falsche Sicherheiten infrage zu stellen. Waffen und Kriege werden dauerhaft niemals Frieden und Gerechtigkeit für alle Menschen bringen.
Nur Vertrauen, soziale Gerechtigkeit und konsequente Solidarität gegen alle Formen der Unterdrückung und Ungerechtigkeit wird langfristig Sicherheit für uns Menschen schaffen. Es sind schreckliche und erschütternde Zeiten: Als Antimilitarist und Pazifist bin ich fest davon überzeugt, dass nur eine internationale Friedens- und Antikriegsbewegung zum Beispiel auch diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg von Putins Machtapparat gegen die Menschen in der Ukraine stoppen kann. Wie all die anderen Kriege auch.
Was sollte sich Ihrer Meinung nach im Blick auf den Frieden in der Welt ändern?
Schon fast 20 Monate dauert der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Täglich werden Menschen getötet und verstümmelt. Die Aussichten auf ein baldiges Ende des Kriegs gegen die Ukraine stehen schlecht, der Krieg ist zu einem „Abnutzungskrieg“ geworden. Er wird nicht gewonnen werden, sondern wie so oft in der Weltgeschichte viel zu spät zu Ende gehen. Wir sollten verstehen, um zu handeln. In meinem Antikriegsmanifest am 3. März 2022 habe ich geschrieben: „Lasst uns unsere Friedensfreund*innen in Russland unterstützen (…): Nur eine Revolte unter den russischen Soldaten kann diesen Krieg sofort stoppen! Und die Älteren unter uns werden sich erinnern: So war es auch in Vietnam – der Anfang vom Ende des US-Angriffskrieges damals war die massenhafte Desertion und die Revolten der einfachen US-Soldaten gegen ihre Offiziere und Generäle.“