Wer kennt sie nicht, die liebevoll umsorgende Mutter, die ihren Kindern keinen Wunsch verwehren kann, aufopferungsvoll deren Freizeit managed und für das gelingende Aufwachsen des Nachwuchses vollumfänglich verantwortlich ist. Das Mutterdasein ist pures Glück und die wahre Erfüllung von Frauen. Diese Vorstellung jedenfalls hat sich so erbarmungslos in das kollektive Selbstverständnis gegraben, wie es Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von Arbeitnehmerinnen gibt.
Regretting Motherhood: Frauen bereuen ihre Mutterschaft
Auch dank Martin Luther kämpfen viele Frauen noch heute mit der Bürde, überhaupt Mutter sein zu müssen und dann auch noch eine selbstvergessene. Der astreine Patriarch Luther äußerte sich nämlich mit mitleidiger Verachtung gegenüber kinderlosen Frauen und fordert von denen, die es wurden, immer wieder die Bereitschaft zum Opfertod im Kindbett. „Tottragen“ können sie sich, „die Weiber“. „Darum“, so der Reformator, seien sie schließlich da.
Was in modernen Ohren brachial klingt, unterscheidet sich im Grunde wenig von dem, was heutzutage von Müttern verlangt wird. Und genau deswegen ist es wichtig, dass seit wenigen Jahren das Tabuthema der Reue des Mutterseins einen Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat. Immer mehr Frauen trauen sich zuzugeben, dass sie, könnten sie noch einmal entscheiden, gegen das Kinderkriegen votieren würden. Und diese mutigen Bekenntnisse möchten unter keinen Umständen von Kommentaren begleitet werden, die ein solches „Gejammere“ von Frauen nicht duldet.
Ganz im Gegenteil brauchen Mütter ein gesellschaftliches Netz an Unterstützung, die ihnen ihre Mutterrolle spürbar erleichtert. Die strukturellen Bedingungen sind nämlich der Übeltäter und letztendlich der Overkill, der Frauen ein modernes Leben als Mutter vermiest.