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Kölner Kirche zeigt rekonstruierte “Taut”-Kuppel

In der katholischen Kultur-Kirche St. Gertrud in Köln können sich Besucher einen Eindruck von der Bauweise und Geometrie einer Glas-Kuppelkonstruktion des Architekten Bruno Taut (1880-1938) verschaffen. Von Freitag bis Sonntag und vom 30. November bis 3. Dezember ist dort ein Nachbau des gläsernen Aufsatzes des Taut-Pavillons zu sehen, der 1914 auf der Werkbundausstellung in Köln-Deutz als Ausstellungsgebäude diente, wie der Kölner Architekt Matthias Weber dem Evangelischen Pressedienst (epd) erläuterte. Tauts Glashaus habe als erstrangiges Beispiel der frühen Moderne Einzug in die Architekturgeschichte gehalten und gelte als erster expressionistischer Bau schlechthin.

Die von Weber als Holzkonstruktion in Elementbauweise nachgebaute Kuppel versteht sich als ein Destillat aus der Originalarchitektur Tauts. Geometrisch genau werde die Rautenstruktur der zwiebelförmigen Kuppel zitiert, erklärte Weber. Der Kölner Architekt errichtete die Konstruktion im Maßstab 1:1,8 aus über 450 Meter Holzprofilen. Der Nachbau erreicht eine Höhe von 5,6 Metern und einen Durchmesser von sechs Metern.

Durch die Rekonstruktion des Taut-Pavillons in einer Kirche des Architekten Gottfried Böhm (1920-2021) träfen Protagonisten der deutschen Architekturgeschichte aufeinander, unterstrich Weber. Nach über 100 Jahren kehre Taut nach Köln zurück, und seine berühmte Kuppelstruktur sei erstmals wieder am Rhein erlebbar.

Die originale gläserne Kuppel hatte Taut mit dem Architekturbüro Taut und Hoffmann für den Pavillon der Glasindustrie auf der Kölner Werkbundausstellung im Stadtteil Deutz im Jahr 1914 entworfen. Die Leistungsschau der Vereinigung von Architekten, Industriedesignern und Künstlern zeigte Bauten, Kunstwerke und Innovationen unter anderem von Walter Gropius, Henri van der Velde und Peter Behrens

Das sogenannte Glashaus von Bruno Taut, seinem Bruder Max und Franz Hoffmann war ein Gesamtkunstwerk mit neusten Glasprodukten, Glaskunst und Leuchten. Farbige Prismen in den Glasdachelementen sorgten für farbigen, wechselnden Lichteinfall. Das Gebäude galt als Sensation der Werkbundausstellung, die jedoch mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs nach nur wenigen Monaten geschlossen wurde. Der entkernte Taut-Pavillon verrottete und wurde Jahre später abgerissen.

Taut verweigerte den Kriegsdienst und übernahm die Bauleitung einer Pulverfabrik in Brandenburg. In den 1920er Jahren entwarf er dann große Wohnsiedlungen wie die Hufeisensiedlung in Berlin und die Siedlung der Hohenlohenwerke in Kattowitz. 1930 wurde Taut an die Technische Hochschule Berlin als Honorarprofessor für Siedlungs- und Wohnungswesen berufen. 1932 ging er für ein Jahr nach Moskau, wo er für die Stadtverwaltung ein Bürogebäude errichtete. Während des Nationalsozialismus fand Taut keine Arbeitsmöglichkeiten mehr in Deutschland und migrierte nach Japan und später in die Türkei, wo er in Istanbul an der Akademie der Künste lehrte. Tauts Grab befindet sich auf dem Ehrenfriedhof des türkischen Staates in Istanbul.