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Klimaschutz: Demos kleiner, Krise größer

Vorbei sind die Zeiten, als Hunderttausende für Klimaschutz demonstrierten. Doch das Klima bleibt ein großes Thema. Umso wichtiger, dass die Kirche dran bleibt, kommentiert Gerd-Matthias Hoeffchen.

Vor sechs Jahren strömten die Massen zu den Demos von Fridays for Future, wie hier im Juni 2019 in Aachen
Vor sechs Jahren strömten die Massen zu den Demos von Fridays for Future, wie hier im Juni 2019 in AachenImago / Jochen Tack

Es ist kaum sechs Jahre her, da schien Klimaschutz für die junge Generation in Deutschland mehr als nur ein politisches Anliegen – es war geradezu eine moralische Selbstverpflichtung. 2019 füllten Hunderttausende Schülerinnen und Schüler die Straßen, Fridays for Future wurde zum Symbol einer Jugend, die ihre Stimme erhob und der älteren Generation – zu Recht – mahnend zurief: „Es ist fünf vor Zwölf! Die Uhr tickt, die Zeit läuft ab!“ Endlich schien das Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Heute, im Jahr 2025, wirkt diese Aufbruchsstimmung wie eine ferne Erinnerung. Das ist verstörend und gefährlich. Und es lässt tief blicken, wie schnell die Gesellschaft ein Thema zur alles beherrschenden Empörungswelle aufbaut („Alarm, Alarm!“), nur um es kurz darauf wieder fallen zu lassen; die nächste Schlagzeile wartet schon. Dabei wäre dauerhafte Empörung in diesem Fall angebracht.

Klimaschutz: Schlagzeilen seltener geworden

Laut einer Studie des Umweltbundesamtes hat das Interesse der Bevölkerung am Umwelt- und Klimaschutz deutlich nachgelassen. Nur noch etwas mehr als die Hälfte der Deutschen hält Klimaschutz für sehr wichtig, gerade unter Jugendlichen ist das Engagement abgeflaut. Die großen Demos sind kleiner geworden, die Schlagzeilen seltener. Es ist, als wäre die Uhr weitergelaufen – jetzt ist es drei vor Zwölf –, doch das Bewusstsein für die Dringlichkeit droht zu verblassen.

Erneuerbare Energien gelten als Schlüsse bei der Energiewende
Erneuerbare Energien gelten als Schlüsse bei der EnergiewendeImago / Imagebroker

Sicher, die Welt hat sich verändert: Pandemie, Krieg, Inflation, soziale Unsicherheit – andere Krisen bestimmen die Schlagzeilen. Die Medien, die 2019 den Klimastreik zur Top-Meldung machten, widmen dem Thema heute oft nur Randnotizen. Die Aufmerksamkeit jagt von einer Dringlichkeit zur nächsten, Klimaschutz konkurriert mit vielen Sorgen um einen Platz in der öffentlichen Debatte.

Umso wichtiger ist es, dass es Menschen und Gruppen gibt, die das Thema nicht aus dem Blick verlieren. Etwa die evangelische Kirche. Die hält, zumindest in großen Teilen, an ambitionierten Klimazielen fest, bringt grundlegende Argumente in die Debatte ein und erinnert mit der „Bewahrung der Schöpfung“ an die Verantwortung für kommende Generationen. Das ist ein wichtiges Signal.

Unser Überleben darf nicht von medialen Trends abhängen

Es kann nicht sein, dass die Frage unseres Überlebens von momentanen Stimmungen oder medialen Trends abhängt. Medien, Politik und Zivilgesellschaft müssen sich daran erinnern lassen, dass der Klimawandel nicht wartet, bis wir wieder Zeit und Lust haben, uns ihm zu widmen. Die Kirche muss sich bei der praktischen Umsetzung von Klimaschutz zwar immer noch heftig an die eigene Nase packen. Aber ihre Rolle als Mahnerin ist derzeit unverzichtbar.